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Gaslighting im Sorgerechtsstreit

Gaslighting ist, da sind sich viele einig, eigentlich psychische Gewalt. Was genau mit diesem Begriff gemeint ist, woran man es erkennt und wie man im Verfahren darauf reagiert, das erkläre ich Euch in diesem Beitrag.

Was ist Gaslighting?

Gaslighting ist eine Manipulationstechnik, mit der das Opfer gezielt desorientiert, manipuliert und verunsichert wird. Am Ende weiss das Opfer nicht mehr zwischen Realität und Wahn zu unterscheiden, zweifelt an sich selbst, wodurch Realitätssinn und Selbstbewusstsein zerstört werden.

Wie genau funktioniert diese Manipulationstechnik?

Der Täter stellt dauernd die Realität in Frage und verunsichert dadurch das Opfer. Das funktioniert über einen langen Zeitraum. Beispielsweise wird vom Täter Stein und Bein geschworen, dass ein Ereignis nicht stattgefunden hat oder anders stattgefunden hat.

Der Täter ist besessen davon, „Recht“ zu behalten. Teils manipuliert er auch Dritte, so dass diese die Sicht des Täters bestätigen. Teils wird ein erheblicher Aufwand betrieben, die (falsche) Realität des Täters zu belegen. Das ganze wird dann mit Vorwürfen wie „Du bist Schuld“, „Du bist Dumm“ oder „Du bildest Dir das alles nur ein“ kommentiert.

Weil das ganze in einem Vertrauensverhältnis und über eine lange Zeit stattfindet, ist der Missbrauch schleppend. Nur langsam zweifelt das Opfer an sich selber. Dadurch wird es gleichzeitig abhängig vom Täter, weil nur dieser ja die Wahrheit sagt und kennt. Niedergeschlagenheit, Angstgefühle und Zweifel an den eigenen Fähigkeiten sind nur einige Beispiele für frühe Folgen von Gaslighting.

Je weniger Selbstbewusstsein das Opfer hat, desto anfälliger wird es für neue Lügen – eine Teufelsspirale. Und meist geht das alles mit einer sozialen Isolation einher, hervorgerufen durch Lügen auch Freunden und Familien gegenüber. Dadurch wird man noch wehrloser.

Gaslighting projiziert und spiegelt sich auf Dich

Gaslighter sind ein Meister darin, ihre Probleme auf Dich zu projizieren. Dieses Spiegel, also vorwerfen der Verhaltensweisen des Täters als Verhaltensweisen des Opfers, manipuliert und verletzt.

Wie verhindere ich Gaslighting?

Am Besten wappnet man sich gegen Gaslighting, indem man sein Selbstbewusstsein stärkt und erlebtes schriftlich niederlegt. Dann hat es die Täterseite erheblich schwerer, sich durchzusetzen. Wichtig ist auch, den Kontakt zu guten Freunden nicht abbrechen zu lassen.

Wie erkenne ich Gaslighting?

Gaslighting besteht aus Lügen und Leugnen. Erst wird durch eine Lüge die Realität verzerrt. Dann wird, wenn das Opfer auf der Wahrheit beharrt, die Lüge geleugnet. Und das vehement. Denn der Täter hat Recht, niemand sonst. Geschickt angestellt zweifeln die Opfer dann an sich und haben dem Täter gegenüber Schuldgefühle. Vertraue auf Dein Bauchgefühl und lerne, auch nein zu sagen.

Gaslighting im Sorgerechtsstreit

Im Familienrechtlichen Verfahren ist Gaslighting ein Übel. Denn wenn das Selbstbewusstsein erst einmal zerstört ist, kann man sich schwer gegen Vorwürfe wehren. Die Lügen werden immer Haarsträubender, das Opfer leidet immer mehr und versinkt. Oft wird von Dritten dann die Wahrheit des Täters aufgegriffen. Wer jetzt keine Nachweise wie Freunde oder ein Tagebuch hat, der tut sich schwer entsprechend vorzutragen. Und die eigene Unsicherheit führt dazu, dass man Dir nicht glaubt.

Sinnvoll ist es also, das eigene Selbstbewusstsein professionell stärken zu lassen. Denn dadurch wird der Schlüssel des Täters, Dich zu manipulieren, vernichtet. Starkes Selbstbewusstsein verhindert solche Manipulation.

Gaslighting und Kinder

Wie bereits bei Lovebombing und Narzissmus geschildert, ist auch Gaslighting eine Belastung und Gefährdung für gemeinsame Kinder. Diese nehmen nicht nur die teils negative Sicht des Täters über das Opfer an. Gleichzeitig werden dadurch auch die Chancen im Kampf um das Kind durch diese Form der Manipulation.

Taktisch ist es daher meist wichtig, nicht zu reagieren und zurückzuschießen, sondern lieber daran zu arbeiten, die eigene Bedeutung für die Entwicklung und Erziehung der Kinder in den Fokus zu setzen. Einen Streit verliert man, denn der Täter ist der mit der langjährigen Erfahrung.

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Lovebombing im familienrechtlichen Streit

Lovebombing ist eine Manipulationstechnik, die besonders zu Beginn einer Beziehung genutzte wird. Aber auch in toxischen Beziehungen wird Lovebombing benutzt, um eine Trennung aufzuhalten bzw. zu verhindern. Insbesondere Narzisstische Persönlichkeiten neigen zu Lovebombing als eine Technik der Kontrolle.

Was ist Lovebombing?

Beim Lovebombing gibt sich der andere übertrieben viel Mühe, er „bombadiert“ Dich mit Gefühlen, Geschenken, Aufmerksamkeit und mehr. Das ist erst einmal schön, man fühlt sich bewundert, geliebt, gebraucht. Dadurch wird manipulatorisch durch die viele Aufmerksamkeit aber das Gefühle erzeugt oder wieder erweckt. Es ist alles zu schön um wahr zu sein.

Und wenn man dann auf Wolke Sieben sitzt, dann kommt der tiefe Fall. Denn die Aufmerksamkeit gibt es nur noch für Gegenleistung. Man muss sich fügen und gefügig sein. Das kann normaler Druck sein, aber auch eine für das Verfahren relevante Handlung. Wenn die körperliche Gewalt oder die Beleidigung verziehen und die Tür samt Herz wieder geöffnet hat, beginnen dann die alten Spielchen von Macht und Intrige aufs Neue:

Du wirst von der Wolke Sieben schnell wieder in die Höllen der Realität geholt. Emotional zieht dich das immer noch weiter nach unten und zerstört Dich ein Stück mehr. Selbstbewusstsein, Entwicklung? All das geht verloren. Man vergisst zu vertrauen. Hat zuviel Liebeskummer, misstraut sich selbst und den eigenen Gefühlen. Nirgends ist man so verletztlich wie in der Liebe.

Warum ist Lovebombing im familienrechtlichen Streit ein Thema für meinen Blog?

Nun, das liegt daran, dass wir das Thema Narzissmus immer mal wieder haben. Und es diese Manipulatoren schaffen, dadurch Beweise wie Strafverfahren zu vernichten (Anzeigen werden zurückgezogen, man „verzeiht“ usw.) oder eben auch durch Schuldumkehr („ich habe doch soooo viel für Dich getan“) im Verfahren Druck aufbauen. Dieser Druck, wenn die negative Seite des Lovebombing einsetzt, wird dann oft auch auf die Kinder weitergegeben.

Lovebombing setzt oft immer ein, wenn

a) verhindert werden soll, dass Fehler aufgedeckt werden und

b) als Belohnung, wenn man tut was der andere sagt.

Liebe ist also die Belohnung für Gehorsam und die Aufgabe des eigenen Willens. Sie macht Dich abhängig und gefügig. Ein Teufelskreis entsteht. Das ganze hat auch ein Suchtpotential, weil man das gute Gefühl dieser falschen „Liebe“ immer und immer wieder haben möchte und sich dann eher fügt.

Lovebombing ist jedenfalls selten echt. Solange sich der oder die Partner nach den Wünschen und Vorstellungen des Love Bombers richtet und sich in seinen Augen “richtig” verhält, strotzt die Beziehung nur so von überschwänglichen Liebesbeweisen des Love Bombers (mehr Infos hier).

Wie erkenne ich Lovebombing?

Du kannst dann Opfer von Lovebombing sein, wenn

  • der Gegenüber immer in Superlativen spricht (einzige echte Liebe, nur Du bist wichtig, nie habe ich jemand so geliebt wie Dich, Du bist die tollste Person auf der Welt usw.)
  • die Bindung als etwas einzigartiges besonderes dargestellt wird (füreinander bestimmt usw)
  • Geschenke überhand nehmen und teils deplaziert sind (auf Arbeit gesendete Geschenke usw.)
  • der andere Deine ganze Zeit beanspruchen möchte und Dir nichts mehr erlaubt ausser ihn/sie zu sehen
  • eine besondere Zukunft nur gemeinsam vorbestimmt seins oll
  • normale Komplimente unglaubhaft übertrieben sind (die schlauste, tollste, lustigste Person usw.)

Natürlich ist nicht ein Argument gleich Lovebombing. Die Vielzahl der Argumente hingegen ist ein Warnzeichen, das man aber oft auf Wolke sieben übersieht.

Auswirkungen auf Kinder

Lovebombing hat aber leider auch Auswirkungen auf Kinder. Denn diese übernehmen diese ungesunden Verhaltensweisen. Auch ihr Selbstbewusstsein leidet unter solchen Attacken des Lovebombing. Und das stellt nicht nur eine psychische Belastung oder Beeinträchtigung dar, es hindert die Entwicklung und gefährdet daher das Kindeswohl. On-Off-Beziehungen wie bei Borderline sind für kein Kind etwas gutes. Kinder lernen zudem, dass Manipulation wirkt oder dass man sich selbst nicht entwickeln darf.

Auch wenn es schwer ist, sich aus solchen Beziehungen zu lösen, muss man sich immer vor Augen führen dass diese nicht gesund sind.

Beziehung retten?

Wie bei allen psychischen Problemen stellt man sich immer die Frage, ob man eine solche Beziehung retten kann. Natürlich kann man das. Aber dazu muss man das Problem erkannt haben, sich hieraus lösen, Gespräche führen und mit Liebesentzug umgehen können. Eine gute fachliche Begleitung ist hier sicherlich hilfreich, damit Ihr euch nicht verzettelt.

Oft hat jedenfalls der Gegenüber eine Bindungsangst oder ist Narzisst. Und bei solchen Problemen ist eines klar: Nicht Du kannst den anderen Ändern. Er muss sich ändern. Und darüber hast Du keine Kontrolle.

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Entscheidungen zu Entfremdung

Ich wurde von Matthias gefragt, ob es schon Entscheidungen zu Entfremdung nach §1666 BGB gibt. Ich hab dann mal gegoogelt (und sehe, dass es eigentlich ein wichtiges Buchprojekt wäre…)

In der Tat findet man Entscheidungen zu Entfremdung. Aber macht bitte nicht den Fehler und googelt nach §1666 BGB, sondern nach §1671 BGB.

Entscheidungen zu Entfremdung sind solche nach §1671 BGB

Entscheidungen zu Entfremdung sind solche, die in der Regel nach §1671 BGB getroffen werden. Wenn Eltern untereinander streiten, sind Maßnahmen nach §1671 BGB in der Regel solche, die Sorgerechtsentzug nach §1666 BGB vorgehen als mildere Mittel i.S. §1666a BGB. Denn beispielsweise wird nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, verbleibt es bei gemeinsamer Sorge, was für das Kind besser ist und was eben den Entzug derselben verhindert.

Googelt also nicht nach §1666 BGB, wenn Ihr Entscheidungen sucht, sondern nach §1671 BGB und Loyalitätskonflikt, Entfremdung oder Bindungsintoleranz.

Ich werde hier ein paar Entscheidungen peu a peu vorstellen. Hier einmal die erste, die ich auf Anhieb gefunden habe:

OLG Frankfurt 6 UF 233/20 zu Entfremdung in einer Entscheidung

Um Entfremdung vorzubeugen, kann eine Übertragung auf den anderen Elternteil des Aufenthalsbestimmungsrechtes rechtlich geboten sein. Die Kontinuität kann dahinter zurücktreten:

Im elterlichen Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein gemeinsames Kind kann der Grundsatz der Kontinuität im Hinblick auf eine im Einzelfall bestehende Bindungsintoleranz des betreuenden Elternteils zurücktreten und einen Wechsel des Kindes
in den Haushalt des anderen Elternteils nach Maßgabe von § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB rechtfertigen.(Rn.34)

Tenor OLG Frankfurt 6 UF 233/20

Im obigen Fall wurde der Mutter das ABR (Aufenthaltsbestimmungsrecht) entzogen. Das Kind lebt seitdem beim Vater. Die Mutter hatte vorallem ausgeführt, dass das Kind zu ihr als Hauptbezugsperson somit Kontakt verliere und zu Freunden, also die Kontinuität das Kind weniger beeinträchtige.

Dem widersprach das OLG (Rn. 37):

„Die fehlende Bindungstoleranz der Mutter resultiert aus ihren nicht bewältigten Ängsten
vor dem Vater, die sie auf das Kind überträgt. A wurde immer wieder vermittelt,
dass der Umgang bedrohlich sei. Indem sie ihn einerseits motiviert, zum Vater zu gehen,
ihm andererseits aber vermittelt, dieser sei bedrohlich und unfähig, sendet die Kindesmutter
Doppelbindungsbotschaften an A aus. Das hat dazu geführt, dass A zunehmend
selbst Ängste entwickelte und sich bei den Übergaben kaum mehr von der Mutter trennen
konnte. Diese Feststellungen der Sachverständigen werden auch dadurch gestützt,
dass A nach der Unterbrechung der Umgangskontakte durch die Mutter unter Berufung
auf pandemiebedingte Gefahren, Übernachtungen beim Vater, bzw. teilweise auch die
Umgänge als solche zunächst verweigerte. A – so die Sachverständige weiter – habe immer
mehr kognitive Dissonanzen zwischen dem ihm positiv zugewandten Vater, mit dem
er qualitativ hochwertige Interaktionszeit verbracht habe und mit dem er gerne zusammen
sei, und den Ängsten und Sorgen der Mutter bezüglich der Umgänge und deren Erwartungshaltung
und negativem Vaterbild erlebt, was ihn vollkommen überfordere. Das Amtsgericht hat zutreffend festgestellt, dass A sich infolgedessen in einem maßgeblich durch die Mutter verursachten Loyalitätskonflikt befindet.

Die voraussichtlichen Folgen des Loyalitätskonflikts schildert die Sachverständige eindrücklich: Als Folge werde es A nicht mehr gelingen, die Beziehung zu beiden Eltern zuzulassen, sondern er werde sich
einseitig positionieren und den Kontakt zum Vater abbrechen. Er werde mit einem negativen
Vaterbild leben müssen, was ihn auch in der Beziehung zur Mutter beeinträchtigen werde. Die Bewältigung seiner Entwicklungsaufgaben und seines Selbstbildes werde darunter leiden. Schon jetzt zeigten sich erste Beeinträchtigungen wie ein dissoziierendes Verhalten, das A an den Tag lege, wenn er zu Kontakten mit seinem Vater gegen seinen Willen aufgefordert werde. A könne dann seine Emotionen nicht wahrnehmen und ausdrücken, was einen Risikofaktor für die Ausbildung psychischer Störungen darstelle.

Er zeige auch externalisierendes Verhalten, indem er agitiere und laut werde, wenn er überfordert sei. Ferner zeigten sich bereits erste psychosomatische Auswirkungen der Belastungssituation wie Einnässen, Harndrang, Nägelbeißen, Haareziehen und Zähneknirschen. Diese Reaktionen, so die Sachverständige, zeige A aufgrund der konflikthaften Umgangsregelung, nicht etwa aufgrund väterlichen Fehlverhaltens während der Umgänge. A sei an der Belastungsgrenze angelangt und benötige dringend Entlastung. Die
Sachverständige betont zwar, dass für die Gefährdung von A nicht allein die Mutter verantwortlich
sei, sondern diese der Situation geschuldet sei, die zwischen den Eltern bereits vor der Trennung bestanden habe und weiterbestehe. Letztlich lässt sich ihren Ausführungen aber entnehmen, dass der Loyalitätskonflikt überwiegend von der Mutter verursacht wird (S. 81-82, 106-107 GA).“

Daher kommt das OLG zu folgender sehr deutlichen Aussage auch gegen eine Empfehlung des Sachverständigen:

Es besteht nach Auffassung des Senats, der sich den zutreffenden Ausführungen des
Amtsgerichts diesbezüglich anschließt, daher nur dann die Chance, dass A beide Elternteile
erhalten bleiben, wenn er bei seinem Vater lebt.

OLG Frankfurt 6 UF 233/20 Rn. 42

Ich finde das eine wichtige Entscheidung. Die Entscheidungsgründe sind voller Kraft. Zu Recht führt der Senat alleine aus, dass eine Entfremdung verhindert werden muss. Dies gelingt nicht im (dortigen) Haushalt der Mutter. Dann muss eben ein Perspektivwechsel her, selbst wenn es andere Empfehlungen und negative Folgen hat.

Das Oberlandesgericht hat hier nämlich rechtzeitig eingegriffen (bzw. das für den Ausgangsbeschluss zuständige AG Darmstadt ) und es nicht erst auf negative Entfremdungsfolgen ankommen lassen. Das halte ich für richtig, weil diese Folgen zu schwerwiegend sind, und das nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch aus Kinderpsychiatrischer.

Weitere Entscheidungen zur Entfremdung

Weitere Entscheidungen zur Entfremdung folgen…

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Negative Folgen der Entfremdung für das Kind

Letztens hatten wir uns damit auseinandergesetzt, wie man mit Entfremdung umgeht und welche Zeichen man erkennen sollte, um Entfremdung zu vermeiden. Doch für die Argumentation bei Gericht ist es vorallem sehr wichtig, die negativen Folgen bei Entfremdung für das Kind zu kennen, um das Gericht von Maßnahmen bis hin zu §1666 BGB zu überzeugen.

Was ist eine Eltern-Kind-Entfremdung?

Eine Eltern-Kind-Entfremdung entsteht auf Grundlage eines Konfliktes zwischen den Eltern. Irgendwann kommt ein Elternteil auf die Idee, den anderen vom Leben des Kindes auszuschließen, obwohl es gerade keinen Grund gibt. Anders als in Fällen des Desinteresses von Elternteilen am Kind sind in solchen Fällen der Eltern-Kind-Entfremdung engagierte Eltern mit einer guten Bindung vorhanden, es gab meist keine Gewalt, ein gutes Miteinander. Echte Eltern-Kind-Entfremdung erfolgt also ohne objektiven Grund. Nur die Vorurteile des anderen Elternteiles sind Grund.

Negative Folgen der Eltern-Kind-Entfremdung für das Kind

Sie kann sich zu einer relevanten Störung entwickeln, wenn der elterliche Einfluss dazu führt, dass das Kind später aktiv den Kontakt ablehnt. Dadurch wird die Identitätsentwicklung beeinträchtigt. Denn Identität und Selbstkonzept entstehen im Zusammenspiel der Elternteile, die jeder einzelne Facetten abbildet und formt. Das Kind identifiziert sich normalerweise mit beiden Elternteilen.

Kinder, die an Entfremdung leiden, verlernen sich und ihrer Wahrnehmung zu misstrauen (was direkte Folge der Manipulation ist). Positive Gefühle zum Elternteil sind verboten. Nicht mehr eigene Erfahrungen sind für das Kind relevant, sondern vorgefertigtes Erleben des entfremdenden Elternteils.

Schlafstörung, Trennungs- und Bindungsängste können entstehen, sozialer Rückzug, fehlendes Vertrauen, Freudlosigkeit, Antriebsschwäche, Leistungsstörungen. Nicht selten kommt es zu Schullaufbahnabbrüchen, was zu mehr Selbstzweifeln führt. Depressionen entwickeln sich, aber manchmal auch Alkoholsyndrome. Das, was dem Kind durch den anderen Elternteil fehlt, wird oft kompensiert, sei es durch Drogen, Suche nach Liebe und Beziehung in destruktiver Weise und mehr.

Letztlich kann hier das Kind nicht anders als sich teilweise zu verleugnen. Das Selbstwertgefühl, das für ein freies Erwachsenenleben wichtig ist, wird beeinträchtig.

Negative Folgen der Entfremdung sind Kindeswohlgefährdung

Es ist daher einfach nachvollziehbar, dass die negativen Folgen der Entfremdung eine Kindeswohlgefährdung darstellen. Dabei sind die Kriterien konkret und erheblich unstreitig gegeben. Nur die Frage der Gegenwärtigkeit dürfte rechtlich ein Problem darstellen. Eine Gefahr ist dann Gegenwärtig, wenn der negative Eintritt von Folgen unmittelbar bevorsteht. Es muss also nicht bereits ein Schaden entstanden sein, er darf aber nicht nur fern möglich sein. Der Rechtsstreit dürfte sich daher um diesen Punkt drehen.

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Wie gehe ich mit Entfremdung um?

Entfremdung eines Kindes von einem Elternteil ist ein Phänomen, das wir in vielen Verfahren erleben. Dabei meine ich die tatsächliche Vorenthaltung eines Kindes von einer Bezugsperson und eine aufgeweichte Bindung. Gleichzeitig handelt dieser Artikel nicht von der PAS-Theorie nach Gardner, die bisweilen kritisiert wird. Diese Diskussion, ob es PAS als eigene psychische Störung gibt oder ob die Thesen von Gardner alle richtig waren oder ob sie unwissenschaftlich sind, verschleiert nämlich, dass es die (gewaltsame) Entfremdung gibt. Dass Eltern und/oder Kinder hierunter leiden. Nur letzteres ist für uns alle relevant, diese Entfremdung muss zum Wohle des Kindes beseitigt werden.

Entfremdung

Oftmals sind es Kleinigkeiten, mit denen eine Entfremdung beginnt. So wie dieser Chat, den ich vor ein paar Monaten erhielt und den ich etwas verfremdet habe. Es geht hier ja nicht um ein Bashing einer Person, sondern um konkrete Kritik an Vorgehen und an Lösungsansätzen:

Fake Chat nach einer wahren Begebenheit aus 2021

Nennt mich ein Sensibelchen, aber ich finde es gibt nicht „meine“ oder „deine“ Woche. Stattdessen gibt es das Kindeswohl, das bedingt dass alle Elternteile Kontakt mit dem Kind haben dürfen. Es gibt ein Bedürfnis des Kindes nach Kontakt mit dem Vater, der nicht ignoriert werden darf.

Natürlich wird jetzt der eine oder andere hier sagen, dass wenn es Umgangsvereinbarungen gibt, diese auch einzuhalten sind. Ausnahmen muss man extra regeln. Aber muss man diese Situation wirklich rechtlich interpretieren? Kommt es nicht vielmehr darauf an, dass es keinen Kontakt gibt, obwohl dieser möglich wäre? Zudem: Während Isolation und Quarantäne hat man ja notgedrungen auch Kontakt miteinander, verliert der andere Elternteil dadurch etwas?

Mich stört alleine, dass man hier billigend den Kontaktabbruch in Kauf nimmt. Und genau so entstehen Entfremdungen.

Was passiert hier aus Sicht des Kindes?

Alle Beteiligten sollten sich hier die Frage stellen, was aus Sicht des Kindes passiert. Geht es wirklich um die Wünsche der Erwachsenen? Wie reagiert ein Kind darauf, wenn man seinen Wunsch nach Kontakt mit den Eltern missachtet? Wieso muss ein Elternteil für das Kind sprechen?

Auch hier ist die rechtliche Situation vollkommen egal: Der Wunsch des Kindes sollte im Zentrum der Betrachtungen sehen. Und Eltern sollten erkennen, dass es für alle ein „mehr“ ist, wenn das Kind den Kontakt zum anderen Elternteil bekommt.

Nicht alle Umgangsprobleme sind Entfremdung oder PAS

Eines muss klar angesprochen werden: Nicht jedes Problem kann dabei bereits eine Entfremdung sein. Die beginnende Entfremdung hingegen wird oft bagatellisiert, bis irreparable Schäden entstehen. Die Abgrenzung ist schwierig und fordert oft auch erhebliche Disziplin bei dem betroffenen, entfremdeten Elternteil. Manchmal muss man nämlich an seiner Feinfühligkeit arbeiten und darf sich nicht provozieren lassen. Vielleicht sollte man auch die Kommunikation mit dem Partner verbessern, um gewaltlos zu streiten? Vielleicht sollte man auch aus Sicht des anderen Elternteiles überlegen, wie die eigene Forderung ankommt oder ob man wegen einer einmaligen Situation Aufheben machen muss?

Doch manchmal liegen solche Entfremdungen auch in Persönlichkeitsstörungen wie Borderline oder Narzissmus begründet. Dann wird man alleine keine Abhilfe schaffen können, und Zurückhaltung wird dann eher die Entfremdung begünstigen.

Empfehlung bei beginnender Entfremdung

Von einer beginnenden Entfremdung spreche ich, wenn eine Systematik hinter mehreren ausgefallenen Kontakten oder ausgefallenem Umgang zu erkennen ist, insbesondere wenn mehrere Umgänge hintereinander ausfallen. Länger als vier Wochen auf einen Umgang verzichten müssen aus Sicht des Kindes halte ich für Kindeswohlgefährdung.

Welche Anzeichen sprechen für eine Entfremdung?

Aus meiner Sicht kann eine Entfremdung vorliegen oder beginnen, wenn mindestens drei der folgenden Aspekte vorliegen+

  • Das Kind äußert sich plötzlich negativ über den Umgang trotz Fehlens von negativen Momenten im Umgang
  • Das Kind ist plötzlich kurz angebunden am Telefon und sagt nichts
  • Das Kind ist am Umgangstermin krank, ohne dass Bettlägrigkeit festgestellt ist
  • Der andere Elternteil übernimmt plötzlich die Kommunikation für das Kind
  • Das Kind soll gegenüber Dritten geäußert haben, keinen Kontakt mehr zu wollen oder weniger Umgang
  • Das Kind ist telefonisch zur besprochenen Zeit nicht erreichbar, schläft schon, noch unterwegs
  • Telefonate werden plötzlich unterbrochen
  • plötzlich sind am Umgangswochenende unverschiebbare Termine, an denen man aber nicht teilnehmen oder hinbringen darf
  • Beweise für das Verhalten des Kindes werden behauptet oder angeführt
  • von der anderen Elternseite gibt es keine Bemühungen, die Situation zu verbessern
  • unabgesprochene Wegzüge, die Distanz zwischen Elternteil und Kind bringt

Natürlich kann jeder dieser Punkte eine natürliche Ursache haben. Wie immer gilt: dies ist alles nicht abschließend, es kommt immer auf den Einzelfall an. Diese Punkte spiegeln aber meine Erfahrungen der letzten Jahre wieder.

Wie also gehe ich mit dieser beginnenden Entfremdung um? Vor Einleitung eines Verfahrens sollte man nochmals das Gespräch mit dem anderen Elternteil suchen. Und ja, das meine ich auch, wenn das Verhältnis hochstrittig ist. Vielleicht kann ein Mittelsmann helfen oder eine Mediation, manchmal aber auch ein höflicher Brief. Erfahrungsgemäß wird sich dann aber nichts ändern.

Wenn ein Verfahren unvermeidlich ist…

Wenn ein Verfahren unvermeidlich ist, dann sollte man darauf dringen, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. Gegebenenfalls sollte man ein Gutachten aus Sicht des Kindes beauftragen (z.B. bei Dr. Stefan Rücker) und die Entfremdungsanhaltspunkte benennen. Darüber hinaus sollte man auch einen Schwerpunkt auf die Folgen einer Entfremdung legen und diese ausführlich darlegen.

Gerichte nehmen beginnende Entfremdung nicht ernst

Es ist leider eine Wahrheit: Beginnende Entfremdung wird von den Familiengerichten nicht ernst genommen. Manchmal wird es auf den Konflikt der Eltern geschoben oder bagatellisiert, weil ein ausfallender Kontakt ja nicht so schlimm ist. Dass dadurch zum Nachteil des Kindes Selbstläufer ausgelöst werden, die in der Entfremdung enden. Bei vollendeter Entfremdung ist nämlich oft von Seiten des Gerichtes keine Chance auf Abänderung gegeben, oder nur noch ein Heim- und Therapieaufenthalt hilfreich.

Was kann man bei vollendeter Entfremdung tun?

Bei vollendeter Entfremdung kann man in der Regel nichts mehr tun. Denn dann ist die Entfremdung der (fremdgesteuerte, manipulierte) Wille des Kindes, den zu brechen eine Kindeswohlgefährdung darstellt. Daher ist es so wichtig, dass man so schnell wie möglich handelt und erste Tendenzen anspricht und bei Gericht bestreitet.

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Was tun, wenn das Jugendamt lügt

Was kann ich tun, wenn das Jugendamt lügt und wenn das Jugendamt Familien zerstört? Vieles, und das stellen wir Euch in diesem Beitrag vor. Vorneweg: Ich bin kein Freund von Verallgemeinerungen. Deshalb heißt es eigentlich nicht „das Jugendamt lügt“, sondern der Mitarbeiter des Jugendamtes sagt nicht die Wahrheit und verdreht Tatsachen. Trotzdem werde ich, um diesen Artikel einfacher lesbar zu halten, immer Schreiben dass das Jugendamt lügt.

Mir ist diese Korrektheit wichtig, weil nur so nicht pauschal alle beleidigt sind und eine Tür zur kindeswohlgerechten Lösung offen bleibt. Denn von persönlichen Animositäten hat keiner etwas.

Livestream vom 13.02.2022 20.30 Uhr zum Thema

Oft wird von Richtern die Auffassung vertreten, dass soetwas nicht vorkommt. In der Theorie ist das richtig, aber die Neue Westfälische berichtete unlängst von einer Jugendamtsmitarbeiterin, die vor dem Verwaltungsgericht von einem erfundenen Telefonat berichtet hatte.

Ist es strafbar, wenn das Jugendamt lügt?

Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Denn das Jugendamt hat gem. §50 SGB VIII nur eine unterstützende Funktion. Für eine Falschaussage i.S. §153 StGB muss man aber Zeuge oder Sachverständiger sein:

Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

§153 StGB

Zwar kann ein Mitarbeiter des Jugendamtes auch Zeuge sein, wenn er formell i.S. §§29,30 FamFG angehört wird. Nach Fischer ist ein Zeuge i.S. des §153 StGB eine unmittelbar vor dem zuständigen Gericht aussagende Person. Hierunter darf man den unterstützenden Jugendamtsmitarbeiter zwar definieren, ich würde trotzdem dann, wenn keine formelle Vernehmung inkl. Zeugenaussage vorliegt, §153 StGB nicht anwenden. Man kann hier sicherlich viel argumentieren, aber letztlich scheitert es dann meiner Meinung meistens nach am Grundsatz keine Strafe ohne Gesetz („nulla poena sine lege scripta“). Der Einzelfall wird aber zu prüfen sein.

Ein Meineid kommt insoweit nicht in Betracht, wenn kein Schwur (und damit keine Zeugenposition) vorlag.

Falsche Verdächtigung

Meiner Meinung nach dürfte aber zumindest §164 StGB gegeben sein, die falsche Verdächtigung.

Dieser lautet im Absatz 1:

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

StGB §164

Meinungsäußerungen sind hier nicht umfasst, nur falsche Tatsachenbehauptungen sind strafbar. Hierunter fallen vorallem dienstpflichtwidrige Handlungen (Fischer, §164 StGB, Rn. 5). Fraglich wird aber sein, ob das Familiengericht eine solche zur Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stelle ist oder eine Behörde. Behörde wird hier weit gefasst, auch die Fortdauer einer U-Haft via Gericht wird unter „Behördliche Maßnahme“ gefasst (Fischer aaO, Rn. 13)

Verleumdung

Weiter wird in einer solchen Falschaussage eine strafbare Verleumdung vorliegen i.S. §187 StGB.

Prozessbetrug

Doch liegt auch Prozessbetrug vor i.S. §263 StGB? Fraglich wird hier sein, ob man einen Vermögensschaden aufgrund einer falschen Aussage und eines dadurch beim Richter erregten Irrtums beweisen kann. Dies kann aber in erschlichenem Unterhalt oder in verursachten Heimkosten durchaus vorliegen, wird aber schwer zu belegen sein.

Urkundenfälschung durch Vorlage eines inhaltlich falschen Berichtes wird nicht vorliegen. Denn eine inhaltlich falsche Urkunde ist nur eine straflose schriftliche Lüge. Urkundenfälschung meint idR die Täuschung über den Aussteller der Urkunde.

Darf das Jugendamt Familien zerstören

Das Jugendamt hat den Grundrechtsschutz auf Ehe und Familie i.S. Art. 6 GG zu respektieren und darf daher Familien nicht zerstören. Trotzdem gibt es eine Schranke: Wenn das Wohl eines Kindes gefährdet ist. Dann kann das Jugendamt tätig werden, eine Familie wird dann als „Kollateralschaden“ zerstört.

Fazit Strafbarkeit Jugendamt lügt

Ihr seht also, dass es recht schwer ist, strafbares Verhalten zu begründen. Zudem neigen Staatsanwaltschaften oft dazu, sich nicht in Familienstreitigkeiten einzumischen, wofür es durchaus gute Gründe gibt. Ich würde also hierauf nicht übermäßig viel Energie einsetzen, weil es effektivere Möglichkeiten des Schutzes gibt. Zum Beispiel ist doch Amtshaftung die Antwort. Insbesondere wenn Amtspflichten verletzt sind.

Wie kann ich das Jugendamt für Lügen zur Verantwortung ziehen?

Man kann für Lügen und falsche Berichte das Jugendamt zur Verantwortung ziehen, indem man entweder eine Amtshaftungsklage anstrengt oder ein Unterlassungsbegehren beim Verwaltungsgericht einreicht.

Ich präferiere ja aus diversen Gründen die Amtshaftungsklage. Weil nur dann, wenn es die Behörde trifft – was beim Staat nur fiskalisch der Fall sein kann – eine Änderung für die Zukunft erfolgen wird.

Als Amtspflichten, die verletzt sind, kommt die Amtspflicht, unerlaubte Handlungen zu unterlassen, in Betracht (§§839, 823 II BGB i.V.m. §187 StGB (Verleumdung) oder falsche Verdächtigung (§164 StGB). Es kann aber auch die Amtspflicht zur sorgfältigen Prüfung und die Amtspflicht zur Erforschung des Sachverhalts betroffen sein, wenn die Aussagen auf falschen Aussagen Dritter basieren.

Mehr zu Amtspflichten lest Ihr auf der Schwesterseite Amtshaftung.org:

Unterlassungsklage gegen das Jugendamt und den Staat

Eine weitere Möglichkeit ist eine Unterlassungsklage gegen das Jugendamt als Behörde. Das wäre eine allgemeine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage, um den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegen das Jugendamt durchzusetzen. Zu Klagen vor dem Verwaltungsgericht könnt Ihr hier mehr lesen. Denn: Diese Unterlassungsklage ist am Verwaltungsgericht einzureichen.

Hergeleitet wird dieser im Gesetz nicht geregelte Anspruch über §1004 BGB, teils auch über Art. 20 Abs. 3 GG oder aus dem Persönlichkeitsrecht. Er ist jedenfalls gewohnheitsrechtlich anerkannt.

Weiter muss ein subjektives Recht, in der Regel das Persönlichkeitsrecht oder das Elternrecht, betroffen sein.

Die Beeinträchtigung muss durch einen Träger hoheitlicher Gewalt erfolgen. Weiter darf es keine Duldungspflicht geben.

Letztlich ist es dann eine normale Unterlassungsklage.

Beraten lassen!

Die Abgrenzungen sind schwierig, weshalb ich Beratungen empfehle durch einen Anwalt. Oder ihr lasst Euch ein Rechtsgutachten anfertigen über die Möglichkeiten. Oder Ihr ruft bei unserem Verein an. Unter Verein steht euch hierzu mit seiner Hotline zur Verfügung.

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Alkoholmissbrauch und Sorgerechtsentzug

Ein Thema, das mich auch immer wieder begleitet ist Alkoholmissbrauch oder sogar Alkoholsucht im Zusammenhang mit Sorgerecht und Sorgerechtsentzug. Das ist deshalb ein spannendes Thema, weil es einerseits ein riesen Gefahrenpotential für Eltern darstellt, andererseits aber auch deutlich macht, welche strukturellen Fehler das Jugendamt macht, namentlich die Ignorierung des §1666a BGB und der Rechtsprechung zur Gegenwärtigkeit von Gefahren.

Alkoholmissbrauch als Gefahr i.S. §1666 BGB

Grundsätzlich ist Alkohol eine Droge wie Kokain, Cannabis, Amphetamine und Co.
Das damit einhergehende Potential ist daher unabhängig von der Erlaubnis dieser besonderen Droge existent. Sei es dass Jugendliche uneingeschränkten Zugriff haben, sei es dass sie das Konsumverhalten der Eltern als normal erleben oder damit einher Vernachlässigungen gehen.

Zu Substanzmitteln schreibt das Handbuch Kindswohlgefährdung nach §1666 BGB – Allgemeiner Sozialer Dienst – das folgende in Kapitel 28:

Bei Kindern alkoholabhängiger Eltern wurde vielfach eine Übernahme elterlicher Trinkmuster und daher ein erhöhtes Risiko für eine spätere Alkoholabhängigkeit vermutet. In mehr als einem Dutzend Studien fand sich tatsächlich ein im Durchschnitt zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, im Jugend- bzw. jungen Erwachsenenalter zu erkranken. Für Deutschland würde dies einer Lebenszeitprävalenz von 16 bis 24 Prozent entsprechen.

ASD Handbuch Kapitel 28

Bis zu 1/4 aller Kinder werden also später das Trinkverhalten der Eltern nachahmen. Deshalb kann man hier schon einen Zusammenhang annehmen, zumal ja Kinder grundsätzlich per Nachahmung lernen.

Wird der Blick auf die psychische Gesundheit insgesamt ausgeweitet, so scheint bei 40 bis 60 Prozent der betroffenen Jugendlichen mindestens eine psychiatrische Erkrankung feststellbar. Auch im Kindesalter wurde bereits eine erhöhte Belastung durch psychiatrisch relevante Auffälligkeiten beobachtet, insbesondere im Hinblick auf Aufmerksamkeitsstörungen, Impulsivität und ausagierendes Verhalten. Zum Bereich depressiver oder durch Angst gekennzeichneter Störungen wurden dagegen bei betroffenen Kindern und Jugendlichen im Mittel nur schwache oder situative, d.h. durch Trinkepisoden der Eltern ausgelöste, vorübergehende Zusammenhänge gefunden.

ASD Handbuch Kapitel 28

Psychische Auffälligkeiten wie

  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • Impulsivität
  • Erkrankungen
  • Ausagierendes (auslebendes) Verhalten

können daher auf Alkoholkonsum zurückzuführen sein.

Alkoholkonsum der Eltern kann zu schulischen Auffälligkeiten führen

Prof. Dr. Heinz Kindler, ASD Handbuch

Unterhalb der Schwelle psychiatrisch relevanter Auffälligkeiten fanden sich Belastungen im Hinblick auf den Verlauf der geistigen bzw. schulischen Entwicklung. Wenngleich die Mehrzahl der untersuchten Kinder hierbei trotz im Mittel unterdurchschnittlicher Leistungen im Bereich altersgemäßer Entwicklung verblieb, ergaben sich bei Kindern alkoholabhängiger Eltern doch erhöhte Raten an Intelligenzminderungen, Lernstörungen, abgebrochenen Schulkarrieren und erfolglosen Berufslaufbahnen. Wurden Unterschiede in den Entwicklungsverläufen von Kindern alkoholabhängiger Elternteile betrachtet, so trat eine hochgradig gefährdete Gruppe von Kindern hervor, die auf der Grundlage eines frühkindlich schwierigen Temperaments bereits im Kindergarten- und Grundschulalter ausagierende Verhaltensstörungen entwickelte und nachfolgend ein eher negatives Bild von Autoritäten und ein eher positives Bild von Regelverletzungen und Suchtmittelkonsum ausbildete.

ASD Handbuch Kapitel 28

Weitere Folgen (geringeren Grades) können sein:

  • Intelligenzminderungen
  • Lernstörungen
  • abgebrochene Schulkarrieren
  • schwieriges Temperamten von Kindern
  • negatives Autoritätsbild
  • Neigung zur Regelverletzung

Diese Aspekte sehe ich kritischer, weil diese nicht zwingend auf den Alkohol, sondern auf das Leben der Familie und deren Intelligenz zurückzuführen sein können und es daher schwer sein wird, es nur auf den Alkohol zu begründen. Gleichwohl belegt dies, welche Ideen das Jugendamt im Kopf hat.

Liegen solche erheblichen Anhaltspunkte vor, wird es schwierig. Dann ist Hilfe vonnöten!

Michael Langhans

Und damit kann man arbeiten, indem man

  • Lernstörungen behandeln lässt oder ein Attest besorgt, dass eine solche nicht vorliegt
  • Leistungen in der Schule dokumentiert und sich Entwicklungsberichte zukommen lässt
  • ggf. ärztliche Untersuchungen beim Arzt Eurer Wahl bei bedarf

Aber liegt denn wirklich Alkoholproblematik vor? Und wie gehe ich dann damit um?

Alkoholfahrt ist nicht Alkoholsucht

Eine Alkoholfahrt oder eine ausgeartete Party ist keine Alkoholsucht. Letzteres ist ein Psychiatrisches Problem (Abhängigkeit nach ICD10 F10.2) und kann daher nicht von einem Mitarbeiter des ASD oder des Jugendamtes, einem Verfahrensbeistand oder Richter diagnostiziert werden.

Merkmale sind

  • Craving (Begierde, Verlangen)
  • Toleranzentwicklung
  • Kontrollverlust
  • Entzugserscheinungen
  • gedankliche Fokussierung auf Alkohol
  • Konsumfortführung trotz negativer Folgen.

Die meisten Unkundigen meinen, dass alleine aus der Höhe eines BAK heraus auf diese Merkmale geschlossen werden kann. Das ist nicht richtig. Alle diese Merkmale müssen ärztlich festgestellt sein.

Alkoholmissbrauch (schädlicher Gebrauch)

Die Hürden für Alkoholmissbrauch sind hier geringer. Alkohomissbrauch liegt vor, wenn

  • der Alkoholkonsum zu körperlichen oder psychischen Gesundheitseinschränkungen führt
  • dieses Konsummuster bereits seit mindestens einem Monat besteht oder innerhalb der letzten 12 Monate wiederholt aufgetreten ist
  • eine Alkoholabhängigkeit ausgeschlossen wird

Auch hier ist also wichtig, dass Missbrauch erst ein Arzt bestätigen kann, der Abhängigkeit ausschließen muss.

Arzt bescheinigt Missbrauch oder Sucht

Eine Alkoholfahrt oder eine Auseinandersetzung unter Alkoholeinfluss macht also noch keine Abhängigkeit oder Missbrauch aus. Dies ist deshalb wichtig, weil nur dann die oben dargestellten Folgen möglich sind. Zudem muss ein Konsummuster wiederholt und über längeren Zeitraum aufgetreten sein und körperlich-psychische Einschränkungen hervorgerufen haben. Da die Übergänge bei Alkohol fliessend sind, kann hier nur ein Arzt etwas sagen. Während es sich für eine MPU eher empfiehlt, lieber zu übertreiben und eine schädlichen Gebrauch eher anzunehmen, sollte man beim Kontakt mit dem Jugendamt genau hinschauen. Während Erstere nämlich eine Auseinandersetzung mit Alkoholproblematik als positiv bewertet, kann es im Familienrecht den Weg in die Hölle bedeuten, weil damit der Weg zu Nachteilen für Kinder eröffnet wird.

Alkoholabhängigkeit und -missbrauch sind behandelbar

Unabhängig davon sind Alkoholabhängigkeit und -missbrauch behandelbar, es stehen also mildere Mittel wie Weisungen Anonyme Alkoholiker, Entgiftung, Psychotherapie und ähnliches zur Verfügung, bevor das Sorgerecht entzogen wird.

Das mildeste Mittel bei Alkoholmissbrauch ist der Abstinenznachweis durch unangekündigte Abstinenznachweise durch Haaranalysen oder den ETG Wert. Leberwerte hingegen werden seit Jahren nicht mehr herangezogen, weil diese nicht eindeutig sind.

Man kann also die Abstinenz einfach beweisen. Und damit, dass keine Gefahr für niemanden mehr besteht.

  • Selbsttests
  • Über Analysen über den Hausarzt: Haar, Blut und Urin
  • Freunde und Bekannte als Zeugen können über den Nichtkonsum aussagen
  • Es gibt Medikamente, die die Aufnahme von Alkohol verhindern und Übelkeit hervorrufen
  • Teilnahme an reflexierenden Gruppen wie die anonymen Alkoholiker, die auch den Trinkdruck bekämpfen und zuhören

Alkohol und Kinder

Das Problem bei Alkohol in jeder Form ist immer, ob hier eine Gefahr für die Kinder besteht. Wir alle kennen die Voraussetzungen der Rechtsprechung: Konkret, Gegenwärtig, Erheblich. Das ist bereits dann ausgeschlossen, wenn der Konsum oder die Auffälligkeiten – ohne dass eine Abhängigkeit vorliegt – ohne Anwesenheit der Kinder erfolgt ist.

https://familienrecht.activinews.tv/buecher-vorgestellt/wichtige-entscheidungen-sorgerecht/
Wenn Du die wichtigen Entscheidungen im Sorgerecht nicht kennst, besorg Dir doch mein Buch zum Thema!

Der Konsum, auch das ist eine gesetzgeberische Entscheidung, ist nämlich legal.

Das Jugendamt bzw. das Familiengericht muss also feststellen, dass eine konkrete Gefährdung für die Kinder/das Kind vorliegt. Dies wird es in der Regel nur bei BAK und einem Angebot von freiwilligen Tests in der Zukunft nicht können. Wenn der Alkoholabusus aber sowieso am freien Wochenende erfolgt ist, dann kann man nur bei einer Suchterkrankung von einer Gefährdung der Kids ausgehen. Und die muss eben ein Arzt feststellen.

Oftmals wird das Jugendamt versuchen, das ganze dann eben auf psychologischer Schiene zu klären. Ein familienpsychologisches Gutachten wird hierzu aber wenig geeignet sein, weil eben die Spezialisierung auf Alkohol relevant ist. Hierfür gibt es Verkehrspsychologen, deren täglich Brot es ist, diese Thematik zu bearbeiten.

Welche Lösung bei Alkohol und Sorgerecht

Meiner Meinung nach ist der Dreh und Angelpunkt wie immer die Frage, ob eine konkrete, gegenwärtige und erhebliche Gefahr besteht. Das wird ohne tiefgreifende Erkenntnisse über Konsumverhalten nicht zu bejahen sein.

Um aber ein Restrisiko auszuschalten, empfehle ich immer ein freiwilliges, engmaschiges Schutzkonzept. Dieses muss individuell angepasst werden und kann so allgemein nicht ausgeführt werden.

Dieses kann beinhalten

  • freiwillige Abstinenztests mit Freunden und Selbsttests
  • freiwillige EtG Kontrollen über das Gesundheitsamt vor Ort
  • Haaranalyse anbieten, damit sind mehr als 3 Monate rückblickende Aussagen über Alkoholkonsum möglich
  • Freunde, die den Haushalt nach Alkohol absuchen
  • Angebote von unangekündigten Hausbesuchen
  • freiwillige Teilnahme an Therapien, Beratungen, Sitzungen Anonyme Alkoholiker
  • Selbstbeschäftigung mit Alkohol und dessen Auswirkungen
  • Selbstreflexion des eigenen Verhaltens
  • Klares Benennen von Situationen, in denen man zum Konsum geneigt hat
  • Hilfekette bei Problemen oder Situationen, die früher zu Konsum verleitet haben (Anrufen bei Anon, Freunde, Nachbarn)
  • Atteste von Ärzten und Psychiatern/Psychologen über Teilnahmen an Terminen/Untersuchungen

Das ist freilich nicht abschließend. Es kommt immer auf den Einzelfall und die konkrete Geschichte an.

Keine Lösung stellt dar

Was hingegen keine Lösung darstellt sind

  • Hobbyanalysen und Diagnosen durch JA
  • Behauptung man müsse sich einweisen lassen
  • Kinder wegnehmen ohne Gefahrenanalyse und ohne Diagnosen
  • Druck aufbauen durch JA
  • Kinder beeinflussen („Eltern haben ein Problem“)
  • usw.
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Achtung! Dieser Artikel verharmlost Alkohol nicht!

Ich möchte an dieser Stelle deutlich hinweisen, dass mir die Gefahren von Alkohol sehr wohl bewusst sind, weshalb auch die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche dargestellt sind anhand des ASD Handbuches. Alkohol ist zwar legal, gehört aber nicht in ein gutes familiäres Umfeld. Die Schäden, die angerichtet werden, sind oft irreparabel.

Fazit bei Alkohol und Sorgerechtsstreit

Ich weiss, das klingt alles leichter als gesagt und getan. Deshalb ist hier gerade fachkundige Hilfe von Menschen, die Ahnung von der Wirkweise von Alkohol haben, wichtig. Die Mitarbeiter des Jugendamtes haben eine solche nämlich meist nicht. Helfen kann ein Anwalt, der auch Verkehrsrecht macht. Ein Verkehrspsychologe. Mitarbeiter der anonymen Alkoholiker. Je mehr Menschen ihr ins Boot holt, die Ahnung haben, desto einfacher kann eine Lösungsfindung sein.

Es ist vollkommen ok, wenn das Jugendamt hier misstrauisch ist. Unter Alkoholeinfluss kann viel passieren, vor allem bei impulsiven Menschen. Da muss man sich selber an die Nase fassen, wenn man erwischt wurde. Da muss man dann eben durch. Aber deshalb seid ihr kein Spielobjekt von Hobbyanalysen.
Hilfe und Kontrolle ja, aber eben nur auf einem fachlichen Niveau.

Eltern dürfen auch Fehler machen, solange das Wohl des Kindes aktuell und künftig nicht gefährdet ist (wobei die allein künftige Gefahr nicht ausreicht).

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Sorgerecht

Motivation ist wichtig!

Dieser Artikel wendet sich weniger an Betroffene, sondern an deren Umfeld: An Freunde, Familie, Helfer. Denn eines ist klar: Motivation ist wichtig! Motiviert bleiben, das klingt erst einmal einfach. Im Kampf um das eigene Kind, wer würde da schon seine Motivation verlieren? Aber das wirkt nur auf den ersten Blick so.

Motivation nicht gegen andere, sondern für sich!

Dabei ist es meiner Meinung nach wichtig, dass sich die Motivation nicht gegen das Jugendamt oder das Gericht richtet oder gegen den Ex-Partner. Denn dadurch wird nur negatives geschaffen. Aggression und Motivation sind dabei nur auf den ersten Blick ein gutes Gespann, am Ende powert man sich aus und verliert sich. Dabei ist der Fokus im Familienrecht und bei Sorgerechtsstreitigkeiten das Kind und wie man sich um das Kind kümmert. Und das kann man, man mag es kaum glauben, nur, wenn man an sich selber glaubt.

Motivation an sich selbst

Motiviert Euch und andere einfach positiv selbst. „Ich kann das“. „Ich bin ein guter Elternteil“. Aber auch, wenn Fehler passiert sind: „Ich habe das Problem abgestellt.“

Glaube an Dich!

Freunde und Familie müssen hier zwingend ein offenes Ohr anbieten. Alleine kann man nicht stark bleiben und sich jeden Tag aus neue motivieren. Als Freunde müsst ihr zuhören und Geduld beweisen. Zeigt Euer Vertrauen in den oder die Betroffene(n). Sie werden es Euch danken und zurückzahlen.

Mein erstes Mutmachvideo zur Motivation

Motivation bei schlechten Nachrichten

Beschlüsse, Gutachten – all das sind Momente, in denen man schnell verzagen will. Helft den Betroffenen, an sich selbst zu glauben. Es ist doch egal, was das Jugendamt und das Gericht sagen – all das kann man mit Aktenkenntnis aufarbeiten. Aber das braucht Zeit. Und in dieser Zeit muss man den Menschen eben Stärke und Hoffnung geben.

Niemals die Hoffnung aufgeben

Ist es richtig, Hoffnung zu geben?

Das ist eine spannende Frage. Hoffnung benötigt man, um die Kraft für das weitere Vorgehen zu behalten. Andererseits kann Hoffnung aber auch enttäuscht werden, was dann wieder ein herber Rückschlag ist. Gleichwohl: Es gibt für die meisten Fällte Auswege. Und das muss man auch sagen dürfen. Ob man diese Ziele erreicht ist dann etwas anderes. Das liegt nicht in unserer Hand – die Vorbereitung, die Arbeit aber schon

Eure Meinung ist gefragt!

Wie seht ihr es mit Motivation und Hoffnung? Diskutiert es mit mir in den Kommentaren!

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Sorgerecht

Gesicherte Ermittlungsgrundlagen

Es kommt auf gesicherte Ermittlungsgrundlagen an, bevor ein Gericht die elterliche Sorge entziehen kann. Das hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt. Die nachstehenden Ausführungen sind meinem Buch „Wichtige Entscheidungen im Sorgerecht“ entnommen, das ich Euch ans Herz legen möchte:

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Kapitel 2.4 meines Buches „Wichtige Entscheidungen im Sorgerecht“ zu gesicherten Ermittlungsgrundlagen

Das der Amtsermittlung unterworfene Gericht muss also nicht nur entscheiden, sondern auch noch „gesicherte“ Ermittlungsgrundlagen
verwenden, nicht nur Behauptungen:

„Das Gericht hat – auch nach eigener Einschätzung – nicht auf gesicherter Ermittlungsgrundlage entschieden; es beabsichtigt, das aus seiner Sicht notwendige Sachverständigengutachten, das sowohl psychiatrischen wie familienpsychologischen Sachverstand erfordere, erst in einem Hauptsacheverfahren einzuholen. Wegen der Intensität des Grundrechtseingriffs durfte der die Wegnahme des Kindes vorbereitende Sorgerechtsentzug auf diesen vorläufigen Ermittlungsstand nur dann gestützt werden, wenn die Gefahr einer schweren und zeitlich nahen Kindeswohlgefahr bestand, die ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung ausschloss.“

zitiert nach BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des ersten Senats vom 07. April 2014 – 1 BvR 3121/13 – Rn. 26

Konsequenzen bei unsicheren Ermittlungsgrundlagen

Nicht jede Behauptung, jeder Beleg, jede Tatsache reicht im eA Verfahren aus für eine gerichtliche Entscheidung: Trotz des reduzierten Umfangs des
Nachweismaßstabes sind die Entscheidungsgrundlagen gesichert zu erheben, nicht zu raten oder zu vermuten.

Alleine die Tatsache, daß in der Hauptsache vielleicht weitere Beweise erhoben werden rechtfertigt keine Entscheidung ohne gesicherte Grundlagen.
Mit anderen Worten: Richter müssen sich Mühe bei der Entscheidung geben, Abwägen, auch Beweise erheben und Entscheiden ob all das
ausreicht. Je schwerer allerdings die befürchtete Gefahr für das Kind ist, desto weniger hoch sollen die Anforderungen für die Darlegung sein.

Ohe sichere Erkenntnisse keine Maßnahmen nach §1666 BGB

Michael Langhans

Ratschlag: Unterstützt das Gericht bei der Ermittlung der Grundlagen

Natürlich ist es einfacher, abzuwarten. Und das ist auch zulässig. Trotzdem empfehle ich Aktivität. Unterstützt das Gericht, indem ihr Beweise darbietet. Das Gericht wird Euch dankbar sein hierfür, weil ihr Zeit spart. Und Euch nicht gut gesonnene Richter werden gezwungen, den eigenen Fokus zu ändern.

Mehr zu meinem Buch findet Ihr hier:

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Was tun bei Inobhutnahme Jugendamt?

Eine spannende Frage: Was tun bei einer Inobhutnahme Jugendamt? Wie verhindere ich diese oder kann ich diese Rückgängig machen?

Wir nähern uns den Antworten auf diese substantielle Frage:

Inobhutnahme durch das Jugendamt

Die Voraussetzungen einer Inobhutnahme ohne Beschluss habe ich in diesem Artikel ausführlich vorgestellt, den ich auch zu lesen bitte:

https://familienrecht.activinews.tv/sorgerecht/inobhutnahme-ohne-beschluss/
Artikel über Inobhutnahmevoraussetzungen

Die Inobhutnahme im eigentlichen Sinn ist daher ein Verwaltungsakt.

Was tun bei Inobhutnahme Jugendamt – Klären ob Eilbedürfigkeit und Gründe vorliegen

Erst einmal sollte man prüfen, ob es einen Grund für diese gibt, den man gegebenenfalls widerlegen kann. Den Irrglauben, dass „ohne Grund“ Inobhutnahmen stattfinden, hatte ich bereits widerlegt. Das ist deshalb wichtig, weil ihr diese Gründe bekämpfen könnt. Und ja, auch falsche Gründe für eine Inobhutnahme sind Gründe, die man bekämpfen kann. Solange eine konkrete, gegenwärtige und erhebliche Gefahr besteht oder nicht ausgeräumt ist, hat das Jugendamt nämlich die Pflicht – aus dem verfassungsrechtlich garantierten Wächteramt – tätig zu werden.

Ich empfehle daher erst dann einen Widerspruch gegen den Verwaltungsakt Inobhutnahme, wenn klar ist dass es keinen Grund gibt. Meistens dürfte es an einer Eilbedürftigkeit scheitern. Denn wer längere Zeit mit dem Jugendamt zu tun hat, wird sich immer darauf berufen können dass man erst einen Beschluss hätte einholen können.

Widerspruch einlegen

Danach sollte man immer einen Widerspruch gegen die Inobhutnahme einlegen. Das ist das wichtigste, das ihr tun müsst, um insbesondere eine gerichtliche Entscheidung zu erzwingen. Setzt hier kurze Fristen (maximal 48 Stunden) und geht dann vor das Verwaltungsgericht. Weiter empfehle ich dringend eine Schutzschrift beim Familiengericht zu hinterlegen, damit Eure Gründe, warum eine Inobhutnahme unzulässig ist, auch dort bekannt ist. Idealerweise sind diese Gründe samt Beweismittel im Widerspruch und in der Schutzschrift vorhanden. Bitte beachten: Ihr müsst präsente Beweismittel vorlegen, also Zeugenaussagen schriftlich oder per eidesstattlicher Versicherung statt einen Zeugenbeweis anzubieten.

Zustimmung widerrufen zu einer Unterbringung

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Eltern erst einer Herausnahme des Kindes zugestimmt haben und sich nun fragen, was gegen diese Herausnahme und quasi Inobhutnahme Jugendamt zu tun ist. Diese Eltern müssen erst die Einwilligung widerrufen. Danach sollte man, wenn das Kind nicht herausgegeben wird, vorsorglich Widerspruch einlegen gegen eine Inobhutnahme.

Eilrechtsschutz Verwaltungsgericht

Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht ist der richtige Weg, um eine Herausgabe des Kindes zu erstreiten. Tatsächlich ist es aber schwieriger, denn die Gerichte entscheiden oft erst nach 2 Wochen, eine Zeit, in der das Familiengericht einen einstweiligen Anordnungsbeschluss erlassen kann, was die Klage am Verwaltungsgericht unzulässig werden lässt. Gleichwohl erhöht ihr hier den Druck auf das Jugendamt. Wenn der Antrag am Verwaltungsgericht unzulässig wird, müsst ihr diesen für erledigt erklären und die Feststellung beantragen, dass die Inobhutnahme von Anfang an rechtswidrig war. Dies benötigt ihr auch für spätere Amtshaftungsklagen.

Ergebnis Eures Vorgehens

Ihr erzwingt somit einen Antrag des Jugendamtes beim Familiengericht auf Entziehung der elterlichen Sorge. Damit wird das Gericht gezwungen, inhaltlich die Voraussetzungen des §1666 BGB zu prüfen. Damit muss das Gericht nicht nur die Beweislage sichten, sondern auch die Wichtigen Entscheidungen im Sorgerecht anwenden.

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Was tun bei Inobhutnahme Jugendamt – alle FAQ in Kürze

Hier fasse ich nochmal das Wesentliche zusammen:

Was tun bei Inobhutnahme Jugendamt?

Ihr solltet Beweise sichern, Gefährdung widerlegen, Widerspruch einlegen und eine Schutzschrift hinterlegen, bevor ihr Anträge an das Familien- oder Verwaltungsgericht stellt. Wer der Herausnahme zugestimmt hat, sollte diese widerrufen.

Warum sind viele Inobhutnahmen rechtswidrig?

In der Regel kann jedes Jugendamt, gerade bei längeren Verfahren, das Familiengericht erst anrufen. Es besteht dann kein Grund für eine verwaltungsrechtliche Inobhutnahme.

Was tun, wenn ich der Unterbringung durch das Jugendamt zugestimmt habe?

Dann müsst ihr die Zustimmung widerrufen, per Brief und von allen Sorgeberechtigten unterschrieben!

Muss ich einen Widerspruch gegen die Inobhutnahme einlegen?

Ja, wie gegen jeden Verwaltungsakt muss man einen Widerspruch einlegen. Diesem solltet ihr alle Beweismittel zufügen.

Muss ich eine Schutzschrift einlegen?

Ihr müsst nicht, aber ich empfehle es. Denn ohne Schutzschrift besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Familiengericht alle Argumente des Jugendamtes durchwinkt

Muss ich am Verwaltungsgericht klagen?

Eine einstweilige Anordnung solltet ihr nur beantragen, um Druck aufzuüben. Wirklich helfen wird es nicht, außer dass ihr am Ende einen weiteren Ansatz für eine Amtshaftung habt.

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