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Sorgerecht

Die haben mein Kind ohne Grund herausgeholt

Ich erlebe das recht häufig. Kontaktanfragen wie „die haben mein Kind ohne Grund herausgeholt“. Warum diese Formulierung meist falsch ist und erhebliche Risiken für das Verfahren beinhaltet, erkläre ich euch in diesem Artikel.

Kind ohne Grund herausgeholt

Kein Kind wird ohne Grund herausgeholt. Das ist natürlich streng zu trennen von der Frage, ob es einen zutreffenden oder richtigen Grund für eine Inobhutnahme durch das Jugendamt gibt. Ist das jetzt Wortklauberei? Oder meint beides etwas anderes?

Voraussetzungen für eine Inobhutnahme

Die Voraussetzungen für eine verwaltungsrechtliche Herausnahme (Inobhutnahme) durch das Jugendamt sind in §8a SGB VIII geregelt:

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§8a Abs. 2 S. 2 SGB VIII

„Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.“

Ohne eine dringende, also eine nicht anders abwendbare und erhebliche Gefahr für das Wohl des Kindes kann es keine Inobhutnahme durch das Jugendamt geben.

Ob sich diese Gefahr als richtig herausstellt oder nicht, ist nicht entscheidend (allenfalls eine Frage der Amtshaftung).

Mehr zur Inobhutnahme ohne Beschluss

Herausnahme nach Beschluss

Auch Herausnahmen nach richterlichem Beschluss nach §1666 BGB folgt diversen Regeln.

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§1666 BGB

„Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.“

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§1666a BGB

„Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann.“

Wir brauchen eine konkrete, gegenwärtige und erhebliche Gefährdung des Kindeswohles, um gerichtliche Maßnahmen zu begründen.

Aber die Herausnahmegründe sind doch nachweislich falsch!

Diese oft richtige Aussage hat zwei Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt: Erstens formelle: Wenn es einen rechtskräftigen Beschluss gibt, dann ist dies rechtliche Realität. Eure Aussage, dass das alles falsch ist, wird daher dazu führen, dass man Euch abspricht, die Realität zu erkennen. Der zweite Punkt ist negativer: Man wird Euch von Amts wegen vorhalten, die Schuld nur bei anderen zu suchen und eigene Fehler zu kaschieren. Das ist deshalb negativ für Euch, weil damit ein Bild von euch gezeichnet wird, das nicht stimmt. Man stellt euch als Realitätsfremd und Beratungsresistent dar.

Achtet daher auf die richtige Formulierung, um keine weiteren Angriffe gegen Euch zu provozieren.

Fazit zu Kind „ohne“ Grund herausgeholt

Jede Herausnahme hat einen rechtlichen und einen tatsächlichen Grund. Dies zu bestreiten schadet Euch und damit den Rückführungsbemühungen. Sprecht daher besser immer genau von rechtswidriger Herausnahme statt von grundloser.

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Recht allgemein

Anwalt zum Schämen

Ich kritisiere meinen Berufstand ja öfter. Aber dass ich einen Anwalt zum Schämen finde, das kommt nicht alle Tage vor. Dabei ist Sorgerecht nicht so schwer, wenn man ein wenig Gespür hat. Trotzdem gibt es den Typus Anwalt, der seine Leute 100% in den Abgrund rasen lässt und danach nicht mal die Sauerei sauber macht.

Was war passiert?

Ein Anwalt oder eine Anwältin – Anonymität schadet nicht bei mehr oder minder aktuellen Fällen – vertritt. Und versäumt es, dafür zu sorgen, dass die Eltern beim Anhörungstermin wissen, dass es einen Beschluss gibt und was in diesem steht. Im Termin dann der Schock: Kind wird nicht zurückgegeben, es muss beim Ergänzungspfleger bleiben. Das an sich ist schon schlimm, aber was dann passiert, schlägt dem Fass den Boden aus: Man unternimmt gegen den eA Beschluss… nichts (!). Selbst jetzt sorgt man nicht dafür, dass die Eltern wissen was zu tun ist. Weil man selbst ahnungslos ist? Weil es einem egal ist dass Kinder leiden? Weil man keine Ahnung hat?
Stattdessen fährt man in Urlaub, was an und fürsich erlaubt ist, aber nicht wenn kritische Fälle offen sind. Und dann kommt eben der Beweisbeschluss: Gutachten.
Immerhin, denke ich mir, noch ist also nicht alles verloren.

Mein emotionales Video zum Thema Anwalt zum Schämen

Anwalt zum Schämen

Was also berät und empfiehlt unser Anwalt zum Schämen? Also eigentlich nichts. Weil ja Urlaub. Aber die ReNoFa (Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte) empfiehlt auf den Anruf des Gutachters zu warten. Ähm. Okay, Ahnung muss sie nicht haben, und ich diskutiere jetzt auch nicht über Gutachten pro oder contra (das könnt ihr hier besser nachlesen).

Aber man erkennt nicht, dass der Beweisbeschluss Schrott ist. Standardfrage nach der Erziehungsfähigkeit und nicht danach, was für das Kind am Besten ist. Ein Amateurhafter Fehler, soetwas nicht zu sehen und nicht zu wissen (Empfehlung: Mein Buch kaufen).

Gegenvorstellung, lieber Kollege zum Schämen!

Gegenvorstellung heißt das Zauberwort, wie es im Fall Carola Koch schon wunderbar funktioniert hat.

Von den Sachverhaltsfehlern im Protokoll mag ich schon gar nicht mehr reden im Moment…

Eines ist Klar: Sowas darf nicht passieren. Never. Kämpfen, liebe Kollegen, nicht im Stich lassen. Und wenn mal ein Kind in der (Inobhutnahme)Brunnen gefallen ist, dann bitte einfach alles besser machen und den Schaden beheben. Danke. Dann muss ich mich nicht mehr für Euch schämen.

Welche Fremdschämmomente habt Ihr erlebt mit Anwälten?

Diskutiert mit mir in den Kommentaren!

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Sorgerecht

Inobhutnahme ohne Beschluss

Was ist eigentlich eine Inobhutnahme ohne Beschluss und wie wehre ich mich dagegen? Was sind die Voraussetzungen und wie muss ich vorgehen? Wir verraten es Euch in diesem Artikel.

Die Inobhutnahme ist in §42 SGB VIII geregelt und gibt dem Jugendamt die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen ein Kind sofort, ohne das Amtsgericht anzurufen, mitzunehmen.

Voraussetzungen Inobhutnahme ohne Beschluss

Die Voraussetzungen der Inobhutnahme ohne Beschluss sind:

  • das Kind bittet um Inobhutnahme
  • es besteht eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes
  • ein ausländisches Kind kommt ohne Erziehungsberechtigte nach Deutschland

Der normale Fall wird die „dringende Gefahr für das Wohl des Kindes“ sein.

Was ist eine Gefahr i.S. §42 SGB VIII?

„Gefahr“ bedeutet, dass ein Schadenseintritt hinreichend Wahrscheinlich ist oder unmittelbar bevorsteht

Was ist eine dringende Gefahr i.S. §42 SGB VIII?

„Dringende Gefahr“ meint eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, also wenn erhebliche Schäden für Leib, Leben oder Psyche unmittelbar bevorstehen (also jederzeit eintreten können) und ein weiteres Abwarten nicht mehr zumutbar ist.

Ergänzend könnt Ihr Euch auch mein Video zum §1666 BGB ansehen:

Doch damit sind noch keine Inobhutnahmen erlaubt. Weitere Voraussetzung ist dass

  • entweder die Eltern nicht widersprechen
  • oder das Familiengericht nicht rechtzeitig entscheiden kann

Der erste Fall ist für das Jugendamt der einfache, weshalb man versuchen wird, Euch zu einer „Zustimmung“ zu überreden.

Nichts unterschreiben!

Tip von Michael Langhans

Der zweite Fall ist relevanter: Oft drohen die Jugendämter, ohne überhaupt eine Entscheidung des Familiengerichtes herbeizuführen. Aus meiner Sicht muss der Versuch unternommen werden, außer die Gefahr ist offenkundig wie ein Elternteil prügelt auf ein Kind ein, das Kind ist schon verletzt usw.

Gerade bei Familien, die längere Zeit jugendamtsbegleitet sind, reicht es nicht aus, einfach so eine Inobhutnahme durchzuführen.

Hauptfehler: Jugendamt versucht gar nicht, Familiengericht zu erreichen

Was soll ich tun, wenn ich unterschrieben habe?

Du kannst Deine Unterschrift jederzeit widerrufen. Schau Dir einfach dieses Video an.

Der Widerruf sollte schriftlich an das Jugendamt gehen.

Ihr solltet auch schriftlich die Herausgabe des Kindes fordern und schriftlich Widerspruch gegen die Inobhutnahme einlegen.

Achtung: Wenn das Kind verletzt wurde, verzichtet hierauf. Das kann Euch am Ende nachteilig ausgelegt werden.

Bei Widerspruch ist Kind an Eltern zu geben!

In der Regel ist bei einem Widerspruch der Eltern das Kind herauszugeben an diese. Es muss dann zwingend das Familiengericht angerufen werden.
Nur bei einer Gefährdung des Kindswohls darf das Kind mitgenommen werden, aber auch dann nicht, wenn die Eltern willens und in der Lage sind, die Gefährdung abzustellen.

Was kann ich tun, wenn ich nicht zugestimmt habe?

Ich würde in jedem Fall auch schriftlich mitteilen, dass ich der Inobhutnahme nicht zustimme und schriftlich dieser widersprechen.

Kann ich klagen bei Inobhutnahme ohne Beschluss?

Wenn die Inobhutnahme unberechtigt ist, dann solltest Du sofort eine einstweilige Anordnung auf Herausgabe des Kindes beim Verwaltungsgericht einreichen. Darin wird incident die Rechtswidrigkeit der Inobhutnahme festgestellt.

Klagen nur vor dem Verwaltungsgericht, bis das Familiengericht zuständig wird

Leider dauern diese Verfahren, so dass meistens das Jugendamt wegen des Widerspruches bereits das Familiengericht angerufen hat. Dann erlischt die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte.

Tip: Nicht für erledigt erklären, sondern zusätzlich auf Feststellung umstellen

Michael Langhans, Volljurist

Theoretisch müsste das Verwaltungsgericht sofort entscheiden.

Kann ich mein Kind bei späterem Widerspruch einfach mitnehmen?

Theoretisch bist Du bis zu einer Entziehung der elterlichen Sorge der einzige, der über das Kind bestimmt, weshalb Du Dein Kind einfach mitnehmen kannst.

ABER: Es kann hier durchaus zu Gegenwehr kommen, die Polizei wird gerufen und wird Dich hindern. Zudem hat auch das Amt ein ermessen.

Durch die Berichte stehst Du dann als gewalttätig da und als uneinsichtig.

Ich empfehle daher solche eigenmächtigen Aktionen nur bei eindeutigem Sachverhalt und rechtlicher Beratung und Unterstützung.

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Fehler vermeiden: Jugendamt vor der Tür

Das Jugendamt steht vor der Tür. Ohne Einladung, ohne Vorwarnung. Da ist guter Rat teuer. Es droht erhebliche Gefahr. Die Fehler, die jetzt gemacht werden, bestimmen oft das ganze weitere Verfahren.

Hier ein paar Tips, wie Ihr Euch verhalten solltet und welche Konsequenzen dies nach sich ziehen kann.

Welche Rechte habe ich in dem Augenblick, wenn die Damen und Herren vom Jugendamt vor der Tür stehen?

Darf das Jugendamt meine Kinder ohne richterlichen Beschluss mitnehmen?

Ja. Es ist falsch zu glauben, dass das Jugendamt nicht das Recht hat, ohne richterlichen Beschluss, die Kinder mitzunehmen.

Nach SGB VIII hat es die verwaltungsrechtliche Befugnis, ein Kind in Obhut zu nehmen.

Wenn die vorgebrachten Gründe unberechtigt sind, widersprecht der Inobhutnahme schriftlich (beim Jugendamt einreichen) und beantragt Eilrechtschutz beim Verwaltungsgericht. Somit ist das Jugendamt gezwungen schnellstmöglich das Familiengericht einzuschalten.

Muss ich überhaupt die Tür öffnen?

Ohne richterlichen Beschluss muss ich niemand rein lassen, also auch nicht die Tür öffnen. Oftmals werden aber in solchen Fällen Polizeibeamte hinzugezogen. Auch diese habe grundsätzlich kein Recht, in die Wohnung zu gehen. Aber will man wirklich eine Eskalation? Wie kommt eine solche Verweigerung an? Man wird es Euch so oder so negativ auslegen.

Muss ich mit dem Jugendamt reden?

Nein. Aber auch hier gilt das zu oben gesagte. Wird es Euch negativ ausgelegt wenn Ihr Euch verweigert?
Zieht auf jeden Fall einen Zeugen hinzu.

Muss nicht immer ein Beschluss erwirkt werden

Es wird bisweilen die These vertreten, dass in 99% aller Fälle ein richterlicher Beschluss eingeholt werden muss, weil keine so dringende Gefahr besteht. Ich stimme dem zu. Die Rechtsrealität zeigt aber, dass es auch ohne geht und Richter dieses Vorgehen decken.

Muss ich einer Herausnahme zustimmen?

Nein. Ihr seid die Eltern, ihr entscheidet das frei.

Doch oft wird erheblicher Druck aufgebaut, man würde das Kind nie mehr wiedersehen oder solle nur schnell da unterschreiben aus formellen Gründen.

Habt Ihr Euch überreden lassen, der Herausnahme zuzustimmen, könnt Ihr diese Zustimmung widerrufen. Das geht jederzeit. Danach wird allerdings ein Beschluss beantragt werden.

Kann mir das Jugendamt verbieten, Zeugen oder Anwalt hinzuzuziehen?

Nein. Es ist Eure Wohnung. Im Verfahren habt Ihr immer das Recht, insbesondere in Eurem Verfahren Zeugen, Beistand oder Vertreter hinzuzuziehen.

Brauche ich einen Anwalt für so ein Verfahren?

Nein. Aber es ist ratsam. Besorgt nicht nur einen Anwalt für Euch, wobei es viele schwarze und untätige Schafe gibt, sondern besorgt auch einen für die Kinder. Um seine Kinder zu kämpfen, ist nicht billig, aber zahlt sich aus.

Woher erkenne ich, ob mein Rechtsanwalt gut ist?

Um die Kompetenz Eures Rechtsanwaltes zu prüfen, fragt ihn ob Ihr einem Gutachten verweigern könnt, und welche Vor-und Nachteile dies für Euch haben könnte. Schlechte Rechtsanwälte raten immer zu Gutachten, oder sind immer gegen Gutachten.

Gute können Euch zu jedem Punkt einige Vor- und Nachteile nennen.

Muß ich selber Beweise bringen?

Zeugen: Vertraut nicht, auf die Amtsermittlung, also die Beweisermittlung durch das Gericht.

Besorgt selber Zeugen, schriftliche Zeugenaussagen, Arztatteste, Entwicklungsberichte, Kindergarten und Schule.

Wenn es bisher ungeklärte Situationen gibt, die man auch als Vernachlässigung der Sorgepflichten der Eltern interpretieren kann, dann arbeitet an einer Aufklärung mit und bietet an Euch freiwillig beraten zu lassen, um noch besser zu werden. Sturrheit allein gewinnt keine Prozesse. Es ist immer wichtig, auch der Gegenseite eine gesichtswahrende Lösung zu ermöglichen.

Wenn Ihr noch ein Kommunikationstips:

Konklusion:

Wenn also das Jugendamt vor der Tür steht, empfehle ich euch: Kühlen Kopf. Nicht provozieren lassen. In Ruhe abwägen, welche Vor- und Nachteile diese Entscheidungen für Euch hat.

Ihr habt jederzeit das Recht, Euch Bedenkzeit zu erbitten.

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