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Recht allgemein

Habe ich das Recht auf Akteneinsicht beim Jugendamt?

Diese Frage beschäftigt viele von Euch, und ich wollte schon vor vier Jahren mehr darüber schreiben. Habe ich das Recht auf Akteneinsicht beim Jugendamt? Wie sind die Voraussetzungen? Darf man einfach pauschal die Akteneinsicht ablehnen? Fragen über Fragen – in diesem Artikel gibt es die wichtigsten Antworten zur Jugendamtsakte und die Einsicht in diese.

Hilferuf wegen Akteneinsicht Jugendamt Bodenseekreis

Mich erreichte diese Anfrage zum Landratsamt Bodenseekreis:

Lieber Herr Langhans,

ich verfolge Ihre Beiträge seit einiger Zeit. Vielen Dank, dass Sie uns mit Ihrer Erfahrung unterstützen. Ich habe Ihre Rat befolgt und habe Akteneinsicht beim Jungendamt beantragt. Das Jugendamt hat mir Einsicht verwehrt. Könnten Sie mir hierbei helfen?

Herzliche Grüße

E-Mail an mich von einem betroffenen Elternteil

Wie immer bat ich erst einmal um mehr Informationen. Man sandte mir das folgende Schreiben zur Akteneinsicht: Eine Ablehnung. Die Begründung finde ich so symptomatisch, dass ich sie mit Euch teilen möchte:

Ablehnender Bescheid Akteneinsicht Jugendamt

Sehr geehrte(r) XYZ…,

auf Ihren Antrag auf Akteneinsicht ergeht folgende Entscheidung:
Ihrem Antrag wird nicht stattgegeben.
Kosten wurden nicht geltend gemacht.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Begründung:
Ich habe mir die Akten angeschaut, ob und inwieweit wir Akteneinsicht befürworten können. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, unterliegen die Akten des Sozialen Dienstes einem besonderen Datenschutz.

Bescheid des Bodenseekreises über abgelehnte Akteneinsicht

Zuerst einmal: Es geht nicht um Befürworten, sondern gewähren. Akteneinsicht ist ein Anspruch, nichts, das das Jugendamt gönnerhaft befürwortet. Nur in Ausnahmefällen kann dieses Recht eingeschränkt sein.

Ein Anspruch auf Aktenzugang besteht daher grundsätzlich nicht, §25 Abs.3 SGB X i.V.m. §65 SGB VIII.

Bescheid des Bodenseekreises über abgelehnte Akteneinsicht

Anvertraute Daten und Schutz nach §65 SGB VIII

Der Satz tut weh. Denn §65 SGB VIII schränkt nur die Weitergabe von bestimmten Daten ein, nicht die Akteneinsicht als solchen.

§65 Abs. 1 SGB VIII lautet:

1) Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen von diesem nur weitergegeben oder übermittelt werden

1. mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder

2. dem Familiengericht zur Erfüllung der Aufgaben nach § 8a Absatz 2, wenn angesichts einer Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen ohne diese Mitteilung eine für die Gewährung von Leistungen notwendige gerichtliche Entscheidung nicht ermöglicht werden könnte,

(…)

§65 SGB VIII

Akteneinsicht nach §25 SGB X

§25 SGB X lautet:

(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung.

(2) Soweit die Akten Angaben über gesundheitliche Verhältnisse eines Beteiligten enthalten, kann die Behörde statt dessen den Inhalt der Akten dem Beteiligten durch einen Arzt vermitteln lassen. Sie soll den Inhalt der Akten durch einen Arzt vermitteln lassen, soweit zu befürchten ist, dass die Akteneinsicht dem Beteiligten einen unverhältnismäßigen Nachteil, insbesondere an der Gesundheit, zufügen würde. Soweit die Akten Angaben enthalten, die die Entwicklung und Entfaltung der Persönlichkeit des Beteiligten beeinträchtigen können, gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der Inhalt der Akten auch durch einen Bediensteten der Behörde vermittelt werden kann, der durch Vorbildung sowie Lebens- und Berufserfahrung dazu geeignet und befähigt ist. Das Recht nach Absatz 1 wird nicht beschränkt.

(3) Die Behörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen

§25 Abs. 1-3 SGB X

Akteneinsichtsrecht besteht immer. Das sollte man dann schon auch ehrlich so formulieren und nur den Ausschluss begründen.
Viel wichtiger ist aber die Begründung

Nach dieser Vorschrift besteht ein besonderer Vertrauensschutz in der persönlichen und erzieherischen Hilfe. Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Jugendamtes zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen nach §65 Abs. 1 SGB VIII von diesem nur weitergegeben werden mit der Einwilligung dessen, der die Daten anvertraut hat, oder unter bestimmten Voraussetzungen dem Familiengericht. Nach Durchsicht der Akten muss ich Ihnen leider mitteilen, dass eine Akteneinsicht nicht möglich ist, da die Akten sogenannte anvertraute Daten erhalten und keine Einwilligung vorliegt.

Bescheid des Bodenseekreises über abgelehnte Akteneinsicht

An dieser Stelle wird es wichtig und macht der Landkreis erhebliche Fehler: Ausschließlich anvertrauten Daten zum Zweck persönlicher Hilfe sind geschützt. Daraus muss aber dann zwingend der Schluss gezogen werden, dass geprüft werden muss, ob es sich um anvertraute Daten handelt und ob diese Daten zur Hilfe anvertraut wurden. Es reicht eben nicht aus, dass „irgendein“ Geheimnis behauptet wird. Daraus kann man weiter schließen, dass nur die Daten geschützt sind, die diesem Kriterium entsprechen, alle anderen Daten hingegen nicht.

Jugendamt schuldet Einzelprüfung aller verweigerten Informationen

Das Jugendamt muss geschwärzte Akteneinsicht gewähren statt gar keiner

Michael Langhans, Volljurist

Für jede Information muss geprüft werden, ob die obigen Voraussetzungen vorliegen.

Wenn zum Beispiel, was normal sein sollte, in der Akte auch normale personenbezogene Daten von Vater oder Mutter oder bekannte Daten gespeichert sind, kann man deren Nennung nicht einfach so ausschalten.

Dies ist ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und wurde zuletzt u.a. durch das Urteil des VGH Baden_Württemberg vom 27.04.2020 – 12 S 579/20 – bestätigt, wonach das sich aus dem Elternrecht herleitende allgemeine Informationsrecht nicht dazu führt, entgegen §65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII Einsicht in Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, zu gewähren ist.

Bescheid des Bodenseekreises über abgelehnte Akteneinsicht

Da eine schlüssige Begründung nicht vorliegt, ist es bereits nicht prüfungsfähig, ob diese Entscheidung richtig ist. Dazu muss man die Kategorien der Daten kennen, um die es geht. Ob man nach einer Einwilligung überhaupt gefragt hat, ist ebenfalls unbekannt. Das Fehlen von Einwilligung alleine reicht nicht aus.

Allerdings kann ich Ihnen ergänzend folgendes mitteilen: In der Akte des ASD betreffend die familiengerichtlichen Verfahren sind nur Unterlagen erhalten, die über das Gericht eingereicht wurden und daher allen am Verfahren Beteiligten bekannt sind.

Rechtsbehelfsbelehrung

Unterschrift

Bescheid des Bodenseekreises über abgelehnte Akteneinsicht

Auch hier bleibt es offen, welche Unterlagen gemeint sind. Man kann es gar nicht prüfen. Zudem ist meiner Meinung nach bei diesen Daten bereits eine Kenntnis gegeben, so dass man auch nicht verweigern kann die Unterlagen rauszugeben – teilweise.

Wer kann Akteneinsicht beantragen?

Jeder kann Akteneinsicht beantragen, dessen Rechte betroffen sind. Zwar spricht §25 SGB X nur von „Beteiligten“ des Verfahrens. Art. 13 DSGVO beinhaltet aber den Begriff der „betroffenen“ Person. Jede Person, deren Daten sich in einer Akte befinden, hat daher Anspruch auf Auskunft.

Habe ich nur ein Recht auf Akteneinsicht oder auf Aktenkopie?

Der Fachbegriff im deutschen Recht ist „Einsicht“ in die Akte. Das heißt, man hat nur einen Anspruch darauf, dass man beim Jugendamt die Akte einsehen kann und dort ggf. Mitschriften anfertigt. Allerdings beinhaltet Art. 15 Abs. 3 DSGVO einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie von Daten, die verarbeitet werden:

(3) Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.

Art. 15 Abs. 3 DSGVO

Das heißt, ihr bekommt grundsätzlich nur die Daten, die verarbeitet werden, nach der DSGVO. Aber auch hier ist der Zusammenhang der Datenverarbeitung relevant. Es wird also eine Einzelfallfrage sein, welche Kopien ihr erhaltet.

Achtung: Auch die DSGVO sieht den Schutz Dritter vor, analog des §65 SGB VIII/§25 SGB X:

(4) Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.

Art. 15 Abs. 4 DSGVO

Akteneinsicht und allgemeines Persönlichkeitsrecht beim Jugendamt

Was in der obigen Ausführung fehlt, ist eine Abwägung auch der Rechte des/der Antragsteller(in): Denn wenn Daten wie z.B. A schlägt B gespeichert sind, dann sind dadurch eben auch die Rechte des „Schlägers“ wie des Geschlagenen oder des Informanten betroffen. Bieresborn führt hierzu überzeugend aus:

„Die Problematik des Sachverhalts bewegt sich zwischen dem gemäß Art. 103 Abs. 1 GG garantierten Recht auf rechtliches Gehör einerseits und dem aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung andererseits. Ersteres ist als prozessuales Urrecht Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Menschenwürdeprinzips gemäß Art. 1 Abs. 1 GG und sichert die Einhaltung prägender Standards eines rechtsförmlichen Verfahrens (vgl. BVerfG v. 09.07.1980 – 2 BvR 701/80 Rn. 9 m.w.N. – BVerfGE 55, 1 = NJW 1975, 1013; zuletzt BVerfG vom 06.02.2021 – 1 BvR 249/21 Rn. 20). Letzteres umfasst als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (grundlegend BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 – BVerfGE 65, 1, 41 ff. = NJW 1984, 419)“

Bieresborn in jurisPR-SozR 18/2021 Anm. 6

Es muss also eine Gesamtschau stattfinden, um den Einzelnen nicht zum wehrlosen Objekt staatlichen Handelns werden zu lassen. Ich muss im Verfahren jederzeit die Möglichkeit haben, mich aktiv einzubringen, was nur geht wenn man auch alle Informationen hat. Zudem sind eben nicht nur die Informationen des „Verräters“ betroffen, sondern gleichzeitig auch die eigenen (!) Informationen. Zu diesem Widerspruch hat das deutsche Recht bisher keine Lösung parat.

Akteneinsicht und Falschbehauptungen

Unzulässige Rechtsausübung wie Falschbehauptungen sind in Deutschland nicht geschützt, so dass es auch kein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung geben kann, wer wen falsch beschuldigt.

Lügen sind nicht geschützt. Lügner auch nicht.

Michael Langhans, Herausgeber

Auch wenn diverse Personen das anders sehen und einen absoluten Schutz aller anvertrauten Daten sehen wollen, weil der Gesetzgeber das so gewollt habe, würde ich die Beteiligungsrechte im Verfahren und die Menschenwürde entgegenhalten: Niemand darf so ohne weiteres Opfer eines Verfahrens werden, ohne sich Verteidigen zu können. Zudem ist auch nicht jedes Anschwärzen ein Anvertrauen i.S. des §65 SGB VIII. Das OVG Münster hat sich hiermit schon auseinandergesetzt (12 E 36/20).

Jugendamtsakteneinsicht und Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Auch die DSGVO beinhaltet keine Möglichkeit, Auskünfte einzuschränken. Da es Unionsrecht ist, gehen diese EU-Regeln den deutschen Regeln vor. Darauf deutet auch diese neue Entscheidung des BGH hin:

Es wird also auf eine Entscheidung des EuGH hinauslaufen. Ohne diese wird eine Unsicherheit bleiben, was erlaubt und was verboten ist. Eines ist für mich klar: So wie bisher, nämlich ablehnend, kann es nicht ohne weiteres bleiben. Dazu sind eben auch Daten des Betroffenen erhoben.

Wie beantrage ich Akteneinsicht?

Hier reicht ein formloses Schreiben an das Jugendamt. Es empfiehlt sich des Nachweises wegen aber auch, das Schreiben vorab zu Faxen oder per Einschreiben zu senden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich beantrage Akteneinsicht in alle Jugendamtsakten betreffend meines Sohnes/meiner Tochter NAME, geboren am…
Ich weiß, dass sich in dieser Akte falsche Informationen befinden, die ich zu meiner Einlassung beim Familiengericht xxx benötige, weshalb ich hiermit Akteneinsicht i.S. §25 SGB X beantrage.

Ein Fall des §65 SGB VIII liegt nicht vor.

Sollten Sie dies anders sehen, ist jede vorenthaltene Information Einzeln zu begründen.

Im Hinblick auf die DSGVO i.V.m. BGH VI ZR 576/19 weise ich darauf hin, dass auch interne Vermerke Gegenstand meines Antrags und meines Rechtes sind.

Mit freundlichen Grüßen

Musterantrag Akteneinsicht Jugendamt

Das Muster des Antrages auf Akteneinsicht in die Jugendamtsakte könnt ihr auch downloaden:

Kurz-FAQ zu Akteneinsicht

Habe ich das Recht auf Akteneinsicht beim Jugendamt?

Ja, Du kannst die Akten beim Jugendamt einsehen, mache Teile aber nur geschwärzt

Kann ich alle Aktenbestandteile einsehen?

Das Akteneinsichtsrecht nach SGB X betrifft nicht die Tätigkeit des Jugendamtes als Berater des Gerichtes i.S. §50 SGB VIII.

Was sind die Voraussetzungen für Akteneinsicht beim Jugendamt?

Es muss sich um ein laufendes Verfahren nach SGB VIII handeln (z.B. bei laufender Hilfe zur Erziehung), die Kenntnis der Inhalte muss zur Rechtsverteidigung notwendig sein und Rechte Dritter dürfen nicht berührt sein.

Kann ich Akteneinsicht in eine abgeschlossene Akte beim Jugendamt fordern?

Nach dem SGB X nicht. Das Zusammenspiel zur DSGVO ist aber abschließend bisher nicht geklärt. Meiner Auffassung geht das Europarecht vor.

Habe ich einen Anspruch auf eine kostenfreie Kopie meiner Akte/Daten

Nach der hier vertretenen Auffassung hat man einen Anspruch auf eine kostenfreie, unzensierte Kopie aller Daten/Akten.

Wann ist die Kenntnis von Inhalten notwendig?

Notwendig ist alles, das ich für ein anderes Verfahren benötige um anzugreifen oder zu verteidigen. Dies kann also eine Lüge sein, die ich widerlegen muss oder ein Beweis, dass ein anderer nicht gut für mein Kind ist. Die Rechtsprechung fordert hier eine Begründung „in die Zukunft“, man muss gegenüber dem Jugendamt also beweisen welche Infos in der Akte sein könnten und was man davon erwartet.

Darf das Jugendamt die ganze Akte nicht herausgeben?

Nein, es muss für jede Seite entscheiden, ob hier Rechte Dritter betroffen sind oder „anvertraute“ Daten.

Was sind anvertraute Daten i.S. §65 SDGB VIII?

Daten, die zum Zweck der erzieherischen Hilfe anvertraut wurden, also um einem Kind oder einer Mutter notwendigerweise zu helfen. Nicht alle Daten sind anvertraut, selbst wenn sie bei Gelegenheit der Hilfe übermittelt wurden.

Kann ich anvertraute Daten trotzdem erfahren?

Ja, wenn offenkundig falsche Daten (Lügen, Verleumdung usw.) mitgeteilt wurden. Dann besteht kein Anspruch auf Verheimlichen. Die Rechtsprechung schützt keine missbilligte Verhaltensweise.

Wie spielen DSGVO, Sozialdatenschutz und SGB X zusammen?

Das ist bisher nicht abschließend geklärt. Die Datenschutzgrundverordnung sieht weniger Ausnahmen vor als das Deutsche Recht. Die DSGVO ist Unionsrecht und hat damit eigentlich Anwendungsvorrang.

Darf man anvertraute Daten gegen mich vor Gericht verwenden?

Nein, weil man aus Art. 103 GG i.V.m. Art. 1 I, 2 I GG ein Recht darauf hat, sich gegen solche Daten zu verteidigen. Dies impliziert aber die Kenntnis der Daten. Eine Lüge einer Person über den Zustand meiner Wohnung kann ich einfach widerlegen, wenn ich die Person kenne. Dann weiss ich wer wann in meiner Wohnung war und hierzu etwas sagen kann.

Komme ich an Informationen im Rahmen des §50 SGB VIII?

Ja. Zwar sieht die Rechtsprechung hier vor, dass dies nicht von §25 SGB X und §65 SGB VIII umfasst ist und damit kein Akteneinsichtsrecht besteht. Die Daten der Beratung des Geerichtes müssen dann aber denklogisch solche des FamFG Verfahrens sein und können damit über das Gericht angefordert werden. Dies betrifft aber nicht rein interne Vorgänge.

Ist eine Klage auf Akteneinsicht gegen das Jugendamt erfolgsversprechend?

Ja. Wenn man es richtig begründet und die obigen Aspekte beherzigt.

Was kann ich tun bei verweigerter Akteneinsicht?

Die Verweigerung der Akteneinsicht ist ein Verwaltungsakt, gegen den man Widerspruch einlegen kann. Gegen einen Widerspruchsbescheid, der Einsicht in die Jugendamtsakte verweigert, könnt Ihr eine Klage zum Verwaltungsgericht erheben. In jedem Fall könnt Ihr auch eine Beschwerde beim zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten einlegen und darauf hinweisen, dass Unionsrecht dem deutschen Recht vorgeht.

Fazit: Akteneinsicht Jugendamt lohnt sich

Lasst Euch nicht von solchen fadenscheinigen Begründungen wie oben dargelegt abweisen. Akteneinsicht beim Jugendamt lohnt sich, und die pauschale Abwehr derselben offenbart für mich, dass dort Leichen im Keller sind. Wie heißt es so schön: Wer nichts zu verbergen hat…

Insbesondere die unklare Rechtslage zur DSGVO bietet neben den obigen Ausführungen erhebliche Chancen für Euch. Nutzt diese.

Gleichwohl sollte man nicht erwarten, dass man „das“ eine Beweismittel findet, mit dem man den Sorgerechtsstreit gewinnt. Erfahrungsgemäß findet man vieles, aber das alles sind nur Puzzlestücke oder Belege und Beweise für eine Amtshaftungsklage. Das eine Argument mit dem man gewinnt gibt es nicht, aber viele Bausteine.

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