Die Augsburger Allgemeine berichtet unter Bezugnahme auf Berichte anderer Medien von einer Klage gegen diverse Verantwortliche der Erzdiözese München-Freising, in Persona den ehemaligen Kardinal Wetter, Generalvikar Klingan und Papst Benedikt XVI. (Ratzinger). Obgleich Verjährung der strafrechtlichen Vorwürfe weitgehend vorliegen soll, soll eine Feststellungsklage zum Erfolg führen.
Disclaimer: Ich kenne die Klageschrift nicht
Da ich die Klageschrift nicht kenne, ist es schwer, die Erfolgschancen einzuschätzen. Aber das, was ich der Presse entnehmen kann, ist für mich eigentlich eindeutig.
Keine Aussicht auf Erfolg
Meiner Meinung nach kann eine Schadensersatzklage gegen Papst Benedikt XVI. oder andere keine Aussicht auf Erfolg haben. Dazu muss man nicht nur einen Anspruch beweisen, sondern auch eine konkrete Verantwortlichkeit der Leitung für konkrete Handlungen. Zudem gehe ich davon aus – wie in Österreich auch – dass die katholische Kirche vor Gericht immer Verjährung einwenden wird, schon um keine Präzedenzfälle zu schaffen.
Aber laut Zeit ist doch genau deshalb eine Feststellungsklage auf Feststellung der Schuld anhängig.
Das Problem dabei: Feststellungsklagen sind grundsätzlich nur solange zulässig, als man keine Leistungsklagen geltend machen kann. Wer also auf Schadensersatz klagen könnte, der muss das auch tun. Strafrechtlich verjährt Missbrauch aktuell erst ab dem 30. Lebensjahr des betroffenen und dann in 5 bis 10 Jahren. Das gilt aber erst seit 26.01.2015. Vorher war die Verjährung bis zum 21. Lebensjahr bzw. 18. Lebensjahr ruhend. Danach setzte die Regelverjährung von 5 bis 10 Jahre an. Wenn das Opfer jetzt also über 30 Jahre alt ist, sind strafrechtlich die Taten verjährt. Neues Recht findet noch keine Anwendung wegen des Rückwirkungsverbots.
30 Jahre Verjährung bei Schadensersatz wegen sexueller Selbstbestimmung
Zivilrechtlich schaut die Situation eh anders aus: Die Regelverjährung beträgt drei Jahre. Bei Schadensersatz wegen Verstoß gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt hingegen 30 Jahre. Wenn diese lange Frist – die längste, die das Zivilrecht kennt – abgelaufen ist, dann dürfte es weder ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben für eine Klage auf Feststellung noch dürfte diese zulässig sein. Ob aus anderen Gründen eine Ausnahme gilt, kann ich ohne Klage leider nicht beurteilen. Das spät vorliegende Gutachten
Warum also eine hoffnungslose Klage?
Warum also geht man dann trotzdem diesen Weg? Der Publicity wegen? Oder weil man auf einen Vergleich hofft? Das ist eine spannende Frage, die sich hoffentlich bald beantwortet. Ich werde mal versuchen an die Klage zu kommen.
Politik muss Verjährung ändern
Die Politik, und das ist schon lange mein Credo, muss jedenfalls die Verjährungsfristen ändern. Weil die jetzige Situation nur die Begünstigt, die Fehler begehen. Die zivilrechtliche Verjährung sollte nie kürzer sein als die strafrechtliche. Und es sollte die Kenntnis von rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhängen konkreter notwendig sein, um einen Verjährungsbeginn zu begründen. Bisher sagt die Rechtsprechung nämlich, sobald man, wenn auch erfolglos, klagen kann, muss man klagen.
Das ist lebensfremd. Wer soll klagen, wenn er nicht alle Fakten kennt; wenn sogar die Täter Fakten verschweigen?
Hier besteht politischer Handlungsbedarf, den wir bald in unserem Verein Erzengel ansprechen und thematisieren werden.