Eine wichtige Entscheidung des OLG Saarbrücken, die man kennen sollte: Die Amtsermittlung gebietet es, dass ein Umgangsausschluss ohne Gutachten nicht in Betracht kommt.
Leitsatz zum Umgangsausschluss ohne Gutachten
Der Leitsatz der Entscheidung 6 UF 10/12 lautet wie folgt:
„Zur – § 26 FamFG geschuldeten – Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur zuverlässigen Ermittlung des wahren Kindeswillens, wenn ein zehnjähriges Kind einen Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil verbal ablehnt“
Vorausgegangen war ein Rechtsstreit zwischen Vater und Mutter mit Urlaubsvereitelung, Ordnungsgeldern usw.
Trotz vorheriger Einigkeit wollte die Mutter sich an das Vereinbarte nicht halten und gleichzeitig Umgangsausschluss erreichen. Ohne eigenen Antrag des Verfahrensbeistandes oder des Jugendamtes wurden dann 24 Monate Umgangsausschluss ausgesprochen (wobei die Gründe von 12 Monaten sprachen).
Amtsermittlung und Umgang
Das Gericht entscheidet zwar recht frei, welche Tatsachen es feststellt. Die entscheodungserheblichen Tatsachen sind aber von Amts wegen festzustellen, was sich aus §26 FamFG ergibt.
§ 26 Ermittlung von Amts wegen
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
§26 FamFG
Weiter führ das saarländische Oberlandesgericht aus:
Zwar muss das Gericht nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgehen und besteht insbesondere keine Pflicht zu einer Amtsermittlung „ins Blaue hinein“, weshalb bloße Verdachtsäußerungen, die jeglicher tatsächlichen Grundlage entbehren, keinen Ermittlungsanlass geben (dazu BGH FamRZ 2011, 1047). Eine Pflicht zu der Aufklärung dienlichen Ermittlungen besteht jedoch insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass geben. Die Ermittlungen sind erst dann abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (BGH FamRZ 2010, 720), wobei in kindschaftsrechtlichen Familiensachen besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung zu stellen sind.
Saarländisches Oberlandesgericht aaO Rn. 13
Strenge Maßstäbe bei Umgangsausschluss
Alles was relevant ist, muss hinterfragt werden. Dies umfasst nicht Blödsinn oder unsinnige Prüfungen.
Insbesondere, so das Oberlandesgericht, weil es auch um das Kindeswohl unabhängig von den Meinungen der Eltern geht, muss zur Wahrung dieses Kindeswohles eine Überprüfung von Amts wegen erfolgen.
Und weil das alles so offenkundig ist, kommt das Gericht zu folgendem Schluss:
Kein Umgangsausschluss ohe Gutachten
Denn es bestanden in diesem Fall erhebliche Anhaltspunkte, dass der Sachvortrag und der Wille des Kindes nicht seinem wirklichen Willen entspricht.
Was bedeutet das im Alltag?
Für den Alltag bedeutet das vorallem, dass man viel vortragen sollte, was das Kind wann und wo geäußert hat. Nur so kann man im Nachhinein eben den Zwiespalt des Kindes belegen. Nur so lassen sich Widersprüche aufdecken. Daher:
- Umgangstagebuch schreiben, auch bei Telefonaten
- Umfangreich schreiben, negatives wie positives
- Sicherstellen, dass danach keine Änderungen erfolgen (Hinterlegen beim Anwalt, Kopien anfertigen und diese weitergeben)
Gleichzeitig zeigt dieses Verfahren auch, dass nicht jeder Fehler zu Umgangsausschluss führt, egal wie verworren eine Situation ist.
Denn Rückführung ist das Ziel! – oder eben enger Kontakt.
(Danke Carola für den Link)