Kategorien
Amtshaftung Gutachten

Muss das Jugendamt Gutachten prüfen?

Ich versuche Euch ja in meinen Videos und auf dieser Seite in der Kategorie zu erklären, wie Ihr selbst ein Gutachten hinterfragen könnt, wie ihr vorgeht um Fehler zu entdecken und richtigzustellen. Die Frage ist dabei, auch weil ich gestern wieder ein Schreiben erhalten haben, in dem ein Jugendamt den Ausführungen des Gutachtens zustimmt: muss das Jugendamt ein Gutachten prüfen? Oder kann es sich nur auf das Ergebnis des Gutachtens beziehen und diesem folgen?

Was bezweckt ein Gutachten?

Ein Gutachten soll dem Gericht Entscheidungsgrundlagen verschaffen, die das Gericht und damit das Jugendamt aus eigener Sachkunde nicht hat bzw. haben kann. Wenn also das Gericht den Schluss auf Erziehungsfähigkeit und Kindeswohlgefahr ohne Gutachter nicht treffen kann, kann man das auch nicht vom Amt erwarten. Doch ist damit nicht das ganze Gutachten gemeint. Sachverhaltsfehler, unklare Anknüpfungstatsachen und Nichterfüllung der Mindeststandarfs für psychologische Sachverständigengutachten sind prüffähig.

Pflicht, den Sachverhalt zu prüfen

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass Amtsträger den Sachverhalt zumutbar erforschen und prüfen müssen:

„Jeder Amtsträger hat die Pflicht, vor einer hoheitlichen Maßnahme, die geeignet ist, andere in ihren Rechten zu beeinträchtigen, den Sachverhalt
im Rahmen des Zumutbaren so umfassend zu erforschen, dass die Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlage nicht in wesentlichen Punkten
zum Nachteil der Betroffenen unvollständig bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1988 – III ZR 32/87 -, NJW 1989, S. 99). Eine Verletzung dieser
Amtspflicht kann zu Amtshaftungsansprüchen führen. Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (2001) ergaben sich zu beachtende Anforderungen
aus den allgemeinen Regelungen der §§ 20 f. SGB X. Nach dem dort statuiierten Untersuchungsgrundsatz muss die Behörde die
Voraussetzungen und Ergebnisse einer Begutachtung in eigener Verantwortung überprüfen beziehungsweise nachvollziehen und darf das
Gutachten nicht einfach übernehmen. Vorliegend bestand ein besonderer Prüfungsbedarf des Jugendamtes. Inwiefern sich diesbezüglich besondere
Anforderungen aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ergeben, kann vorliegend offen bleiben

1 BvR 1711/09, zitiert nach Langhans: Die Amtshaftungsklage – Die Amtspflichten

Wer das Buch lesen möchte:

shopping_cart

Bestellen!

Die Amtshaftungsklage: Amtspflichten
ISBN-13: ‎  979-8608782398 (bestellen: Amazon)
Sammelband „Die Amtshaftungsklage“
ISBN-13: ‎  9783750286245 (bestellen: Buchhandel)

Explicit weist das BVerfG hin, dass Voraussetzungen und Ergebnisse der Begutachtung überprüft und nachvollzogen werden müssen und nicht einfach übernommen werden dürfen.

„Nach dem dort statuiierten Untersuchungsgrundsatz muss die Behörde die Voraussetzungen und Ergebnisse einer Begutachtung in eigener Verantwortung überprüfen beziehungsweise nachvollziehen und darf das Gutachten nicht einfach übernehmen.“

1 BvR 1711/09

Mit Prüfen der Ergebnisse ist gemeint das, was ich als Prüffähigkeit bezeichne: Ist das Ergebnis logisch und nachvollziehbar, also möglich? Das absolute Ergebnis kann man ja nicht prüfen, sehr wohl aber ob es logisch ist.

Aussagen wie „Insgesamt wird mitgeteilt, dass das Ergebnis des Gutachtens befürwortet wird“, reichen nicht aus.

Zumindest muss eine inhaltliche Mindestauseinandersetzung stattfinden – mit der Qualifikation, den formellen Voraussetzungen eines Gutachtens und dem Sachverhalt, der beschrieben ist.

Muss das Jugendamt Gutachten prüfen?

Diese Frage lässt sich daher einfach beantworten: Ja.
Wenn keine Prüfung erfolgt, liegt ein Verstoß vor, der Amtshaftungsansprüche auslöst.

Fragen und Antworten

Muss das Jugendamt das familienpsychologische Gutachten überprüfen?

Ja. Es reicht nicht aus, das Ergebnis zu überprüfen.

Was muss das Jugendamt an einem Gutachten prüfen?

Ist das Gutachten prüffähig, logisch und nachvollziehbar? Geht es von falschem Sachverhalt aus oder nimmt die Beweiswürdigung des Gerichtes vorweg? Sind die Qualitätsstandards für solche Gutachten eingehalten oder nicht? Und ist der Gutachter qualifiziert für ein solches Gutachten? Das sind Fragen die das Jugendamt prüfen muss

Kann das Jugendamt das Ergebnis des Gutachtens prüfen und abändern

Es kann nur sagen das Ergebnis ist nicht nachvollziehbar oder formell falsch. Es kann nicht die eigene Wertung an die des Gutachters setze

Was passiert wenn das Jugendamt das Gutachten nicht prüft?

Dann liegt ein Fall der Amtshaftung vor.

Welche Amtspflicht ist bei Nichtprüfung des Gutachtens verletzt?

Die Amtspflicht zur vollständigen Ermittlung und Prüfung des Sachverhalts

7 Antworten auf „Muss das Jugendamt Gutachten prüfen?“

Wieder einmal kurz, knapp, sachlich, prompt Und für jedermann verständlich niedergeschrieben! Ich glaube es wird unterschätzt, wie wertvoll diese Tipps tatsächlich sind.

Es wird nicht geprüft. Ich habe 4 Mütter gefunden. Gleicher Gutachter, gleiche Gutachten. Man ist plötzlich Erziehungsunfähig, weil man nachmittags arbeitet? Bei einer 14 jährigen Tochter. Und die soll ins Ausland Fremduntergebracht werden, damit sie nicht nach Hause kann. Sie würde ja abhauen. Wortlaut vom Richter.

Sehr geehrter Herr Langhans,
ich verstehe nicht, wie Sie pauschal angeben, dass Jugendämter Gutachten prüfen müssen.
Jugendämter dürfen die Gutachten in den meisten Fällen noch nicht einmal erhalten.
Selbst wenn ein Jugendamt überhaupt „Beteiligter“ und nicht nur „Mitwirkender“ des Verfahrens ist – auf welcher rechtlichen Grundlage – sollte eine Pflicht für das Jugendamt bestehen Gutachten zu prüfen? Und wenn, wie soll die Prüfung aussehen und wer sollte dafür verantwortlich sein?
Vielen Dank
Schnabel

Hallo Frau Schnabel,
Ihre Rechtsauffassung, dass Jugendämter die Gutachten nicht erhalten dürfen, können Sie gerne durchstreiten. Mir ist keine Entscheidung bekannt, die Jugendämtern diese Informationen verbieten. Die immer wieder geäußerten Rechtsauffassungen sogenannter Datenschutzexperten (mit drei Tagen Ausbildung oder weniger) sind hierfür nicht geeignet, Rechtssicherheit zu schaffen. Darum geht es aber nicht.

Fakt ist, dass das Jugendamt das Gericht gem. §50 SGB VIII berät. Darin könnte man die Erlaubnistatbestände des Art. 6 I D, E oder F DSGVO als gegeben erachten. Soweit wir dann im Verwaltungsrecht sind (dem SGB VIII), gelten die allgemeinen Grundsätze der Amtspflichten. Die herausragende ist insoweit die zur Erforschung des Sachverhaltes, wozu auch die Prüfung von Belegen/Dokumenten gehört. Das gilt auch für alle anderen Atteste, Urkunden usw, soweit diese im Verfahren relevant sind.

Guten Tag Herr Langhans, genau das ist mir auch passiert. Das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin hat einfach in einem Satz erklärt, dass sie sich dem Gutachten des Gutachters anschließen. Ich habe mich selbst hingesetzt und habe anhand der Celler kriterien das Gutachten analysiert und konnte feststellen dass selbst die Frage des Gerichts durch den Gutachter nicht richtig übernommen wurde. Der Gutachter hat faktisch nicht eine einzige Frage die er beantworten sollte beantwortet. Bei mir geht es um das Sorgerecht in der Gesundheitsfürsorge. Man wollte den Sohn im Oktober 2023 aus der Familie der Mutter herausnehmen und in ein Pflegeheim geben. Weil die Mutter sich gewehrt hat und zurecht erklärte dass das Jugendamt nicht alle ambulanten Hilfen eingeleitet hat, hat das Gericht einen Rückzieher gemacht und einen Gutachter beauftragt, der genau die veralteten Diagnosen aus 2019 von unserem Sohn zu belegen oder verwerfen sollte. Der Gutachter hat selbstständig ohne das Gericht zu informieren seinen Auftrag erweitert und ein familientherapeutischen Ansatz beschrieben. Auch diesen hat er nicht wissenschaftlich hinterlegt. All das hätte dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständen auffallen müssen. Ich habe es nun dem Gericht geschrieben. Das Familiengericht hat auch eine Vorprüfungspflicht wenn ich mich da richtig erinnere? Steht so in den Celler Kriterien welche durch das Bundesministerium der Justiz herausgegeben worden.

Aktuell braucht das Gericht in Hessen ein Amtsgericht in W…… vier Wochen um den Schriftverkehr an die Beteiligten weiterzuleiten.

Jetzt sieht es so aus dass man einer Mutter die Gesundheitsfürsorge übertragen will die vorher verschwiegen hat dass sie dem Sohn den Pflegegrad 3 verpasst hat. sich Stellungnahmen von kinderärztin hat schreiben lassen damit unseren Sohn ADHS diagnostiziert wird… eine Mutter die restlos bindungsintolerant ist und einfach alles das tut worauf sie Lust hat. Jetzt soll unser Sohn noch in die Schule für Kranke.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner