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Sorgerecht

Unwissenheit kein Grund für eine Inobhutnahme

Eigentlich ist es selbstverständlich. Nur wenn Erkenntnisse über eine Kindswohlgefährdung vorliegen, kann der Staat tätig werden. Nichts Wissen hingegen ist kein Grund für eine Inobhutnahme. Diese sehr wichtige Erkenntnis musste die Stadt München und das dortige Jugendamt (Gruss an meinen „Kumpel“ Markus S. aus Krefeld lol) machen – leider erst im Rahmen einer Beschwerdeentscheidung.

Was war passiert:
Ich musste damals eine Mutter vertreten, die Probleme mit dem Amt hatte. Soweit, so gut. In diesem Fall war die Mutter aber hervorragend aufgestellt: Kind gesund und sozial eingebunden in Verein und therapeutische Unterstützung bei Weigerung, einen Kindergartenplatz per Zwang anzunehmen. Selbst eine (Vertretungs)Richterin erkannte damals sofort, dass ein glückliches Kind vor ihr steht. Einer der wenigen Fälle war das, bei dem ein Richter auf sich selber mehr vertraut als auf das was das Amt meint. Als dann die zuständige Richterin wieder im Lande war, wurde die Sorge entzogen, weil man nicht wisse ob es dem Kind gut gehe.

Dem hat das OLG München 33 UF 1559/16 aber einen Riegel vorgeschoben.

Das Video zum Beschluss – ist eines meiner ersten aus meiner „Nürnberger“ Zeit

Beschluss, warum Unwissenheit kein Grund für Inobhutnahme ist

Den Beschluss könnt ihr Euch hier selber durchlesen:

Die Mutter wollte das Kind also nicht mehr in den Kindergarten geben. Und: Viel schlimmer, sie hatte sich in Berlin (ich glaube beim Familienministerium) beschwert über die Jugendämter – was gleich einen Grund für eine Gefährdungsmeldung darstellte.

Bedenken Ausräumen ohne nachzugeben

Die Mutter hatte alle Verpflichtungen erfüllt. Auch eine Zwangsräumung ändert hieran nichts. Denn selbst wenn das Leben eines Kindes nicht in geordneten Bahnen verläuft und der Aufenthalt unbekannt ist, kann nicht zwingend auf eine Gefährdung des Kindswohls geschlossen werden.

Aus Nichtbesuch Kindergarten und Zwangsräumung ohne Kenntnis des tatsächlichen Aufenthaltes kann nicht auf Gefährdung des Kindswohles geschlossen werden

OLG München 33 UF 1559/16

Doch das reicht dem Oberlandesgericht nicht. Es geht sogar weiter:

Denn auch wenn die Mutter verschiedene Defizite aufweisen sollte, ist nicht zwingend das Kindeswohl gefährdet

OLG München aaO

Und am wichtigsten: Vermutungen reichen nicht aus:

Im Übrigen wird der mangelnde Sozialkontakt auch nur vermutet, einen
objektiven Nachweis hierfür gibt es nicht. Anhaltspunkte dafür, im Wege der Amtsermittlung Näheres hierfür herauszufinden, sind nicht erkennbar.

OLG München aaO

Was uns diese Entscheidung lehrt?

Nicht jedes Defizit reicht aus für Kindesherausnahmen.

Nicht jedes Verweigern der Zusammenarbeit mit dem Amt reicht aus, solange man grundsätzlich nachweisbar sich um das Kind kümmert.

Es lohnt sich, selbst in schwierigen Situationen eine eigenbestimmte Form der Zusammenarbeit zu wählen und durchzuführen.

Die in diversen Gruppen verbreitete Strategie gar nix zu tun was das Amt möchte hätte hier zu einem Totalverlust geführt. Nur weil wir auf die Bedenken eingegangen sind und hier unseren eigenen Weg gingen und umsetzten, was es möglich trotz schwierigster Bedingungen zu obsiegen. Wir konnten eben beweisen, dass kein Grund für Inobhutnahme und Herausnahme vorlag. Vorher muss das Amt die KWG ermitteln, nicht nur vermuten.

Alles Ablehnen führt hingegen nicht zu Erfolgen.

2 Antworten auf „Unwissenheit kein Grund für eine Inobhutnahme“

Ein schönes Fallbeispiel das unter der richtig angewandten Verfahrenstaktik der richtige Weg ist um am Ende doch zu dem gewünschten Ziel zu kommen.

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