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Recht allgemein

DSGVO und FamFG

DSGVO und FamFG sind in dieser Verbindung Themen, die bisher kaum kommentiert und beachtet sind. Entsprechend viele Gerüchte gehen hinter der Hand herum, wie man mit der DSGVO familienpsychologische Gutachten nach FamFG aushebeln könne. Der Verfahrensbeistand dürfe ebenfalls keine Akteninhalte sammeln. Was ist dran an diesen Meinungen? Gibt es die Möglichkeit, mit DSGVO und FamFG Gutachten zu verhindern und Verfahren zu ändern? Und wird ein Gutachten anfechtbar durch Verstoß gegen die Datenminimierungspflicht?

Wir betrachten die aktuellen Diskussionen und Literatur zum Thema.

DSGVO und FamFG

Seit der Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO oder DSGVO abgekürzt) herrscht in Deutschland ein Bild der Unsicherheit. Gerade die Affäre um Google Fonts hat gezeigt, dass einige wenige listigerweise Versuchen, Kapital aus dieser Unsicherheit zu schlagen. Kern des Themas ist, dass viele Spezialaspekte in der DSGVO und den Gesetzesmaterialien nicht zureichend ausgearbeitet sind.

Insgesamt geht es also – neben der Bemessung der Höhe eines Bußgeldes gem. Art. 82 DSGVO – um die Präzisierung des Umfangs des Schutzes besonderer Kategorien personenbezogener Daten (hier: Gesundheitsdaten) gem. Art. 9 DSGVO. Denn der aus dem Text der DSGVO bzw. aus deren Erwägungsgründen allein geht dies wie so oft leider nicht klar und deutlich hervor.

Dr. Datenschutz

Das betrifft Aspekte der Akteneinsicht und Aktenkopie, Umfang von Gutachten und der Frage, wer überhaupt welche und wieviele Daten erheben darf.

Wenig höchstrichterliche Rechtsprechung

Aufgrund der relativen Neuheit der rechtlichen Probleme gibt es nur wenige Entscheidungen von deutschen Bundesgerichten oder vom EuGH, der letztlich über die Auslegung der DSGVO entscheidet anhand des Unionsrechts. 2021 hat der BGH zur Reichweite von Akteneinsicht und Auskunft nach DSGVO Stellung genommen (VI ZR 576/19, Video zur Entscheidung hier). Aktuell liegt ein Vorabersuchen des BAG beim EuGH vor, wie weit medizinische Daten durch den MDK im Hinblick auf Art. 9 DSGVO erhoben werden dürfen. Literatur gibt es zu den spezifischen Themen des Familienrechts auch nur wenige. Daher ist dieser Artikel vorallem meine persönliche Meinung, begründet anhand der aufgeführten Quellen und Argumente. Ohne eine klare, umfassende Rechtsprechung des EuGH werden wir insoweit keine Rechtsklarheit bekommen. Wer etwas anderes behauptet, spielt insoweit kein faires Spiel.

Darf ein Sachverständiger nach DSGVO und FamFG meine Daten erheben?

Grundsätzlich müssen Gutachter in Verfahren das Gutachten erstellen, was sich aus §30 I FamFG i.V.m. §407 ZPO ergibt. Daher liegt ein Rechtfertigungsgrund nach Art. 6 I 1 c. DSGVO vor (vgl. Weber in Auswirkungen der DS-GVO für Berufsbetreuer und Sachverständige in Kindschaftssachen in NZFam 2018, 865).

Pflicht zur Gutachtenserstellung ist Rechtfertigungsgrund nach Art. 6 I DSGVO

Weber in NZFam 2018, 865

Anderer Ansicht ist insoweit Wirwohl: Alles neu macht die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)? in DS 2018, 236. Sie tritt vorallem dafür ein, dass eine konkrete oder konkludente Einwilligung zur Datenerhebung vorliegen müsse. Der §404a ZPO, der früher den §1 BDSG verdrängte, ist nicht mehr einschlägig, so ihre Auffassung, die Weber ablehnt.

Gleichwohl müssen auch nicht alle Daten aus Gutachten entfernt werden, so Wirwohl.

Daten in Sachverständigengutachten sind eine Frage der Praktikabilität

Wirwohl in DS 2018, 236)

Bedenklich ist, dass Wirwohl eine sofortige Beschwerde gegen Beweisbeschlüsse sieht, die es so nicht gibt, weil das richtige Mittel die Gegenvorstellung ist. Sie sieht aber in der Prozessteilnahme eine konkludente Einwilligung:

Ohne die Verwendung der für das Sachverständigengutachten notwendigen Daten,
könnte dieses nicht erstellt werden, s. Art 7 IV DSGVO. Es ist mithin von einer konkludenten Einwilligung der Prozessparteien bezüglich der Verwendung ihrer personenbezogenen Daten in Sachverständigengutachten auszugehen.

Wirwohl in DS 2018, 236

Praktikabilität berücksichtigen

Jedenfalls wird sich die Frage von berechtigten Interessen stellen i.S. Art. 6 I f DSGVO.

Ohne Daten in Gutachten oder Verfahren wäre der Rechtsstaat ausgehebelt. Was wenn ein Mörder der Verwendung seiner DNA in einem Gutachten widersprechen könnte, was wenn ein Kinderschänder sich gegen die Einführung eines Videos im Umgangsausschlussverfahren wehrt?

Grundrechtsabwägung und DSGVO

Richtigerweise ist also eine Abwägung der einzelnen Grund- und Rechtspositionen vorzunehmen. Das OLG Düsseldorf hat in dem Rechtsstreit einer dritten Person gegen ein Familienpsychologisches Gutachten hierzu ausgeführt:

Die nach den Maßstäben der DS-GVO zu beurteilende Frage, ob die die Kl. betreffenden Daten rechtswidrig erlangt worden waren, ist danach bei der Abwägung i.R.d.
allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu berücksichtigen.

OLG Düsseldorf, 16 U 269/20

Und weiter unter Bezugnahme auf das BVerfG:

Da die Mitteilung personenbezogener Daten einerseits die Rechte der betroffenen Person gem. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG u. Art. 8 EMRK berührt, andererseits aber durch die Kommunikationsfreiheit sowie Wissenschaftsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 u. Abs. 3 GG u. Art. 10 EMRK geschützt wird, wirft dies die Frage auf, ob sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Kommunikationsvorgänge, die zugleich einen Ausgleich i.S.e. praktischen Konkordanz
zwischen den kollidierenden Rechtspositionen schaffen müssen, aus dem Datenschutzrecht oder dem zivilrechtlichen Äußerungsrecht oder beiden Regelungsregimen ergeben (vgl. Lauber-Rönsberg, AfP 2019, 373).

OLG Düsseldorf, 16 U 269/20

Es kommt also auf eine Gesamtbetrachtung an. Dabei sind im familiengerichtlichen Verfahren die Fragen des Wohles des Kindes, die Tatsache dass ein Streit geführt wird in der Kindschaftssache, die Wissenschaftsfreiheit (Gutachten sind eine wissenschaftliche Arbeit, aA die GWG) und mehr zu betrachten. Ansonsten wäre auch eine Pressefreiheit nicht mehr gewährleistet.

Ich folge also der Auffassung von Weber, dass ein Gutachten grundsätzlich auch ohne Einwilligung erstellt werden darf. Dies ergibt sich aus spezialgesetzlichen Regelungen, die m.E. im Einklang mit der DSGVO stehen.

Datenminimierung und Gutachten nach DSGVO

Von der Frage, ob der Gutachter etwas schreiben darf, ist streng die Frage zu unterscheiden, wieviel er schreiben darf. Früher gab es den Aspekt der Datensparsamkeit, heute nennt sich das Datenminimierung in der DSGVO (Art. 5 I c DSGVO).

Unmittelbare Folge ist auch die Frage der Datenrichtigkeit, was zu einem Löschungs- und Berichtigungsanspruch führt (vgl. Weber aaO).

Dies sind zwei der relevantesten Themen. Ich stelle bei meinen kritischen Gutachtensrezensionen ja insbesondere auf falsche Datenerhebungen ab. Der BGH lässt ein Gutachten, das falsche oder ungeklärte Anknüpfungstatsachen beinhaltet, in der Regel unverwertbar sein.

Eine Einwilligung bei der Begutachtung ist nicht erforderlich (eine Pflicht zur Teilnahme besteht ja nicht). Dies kann gegebenenfalls aber bei besonders sensiblen Daten anders sein (vgl. Weber aaO):

Für besondere Daten nach Art. 9 I DS-GVO greift Art. 9 II lit. f DS-GVO als Rechtfertigungsgrund ein.

Weber, Auswirkungen der DS-GVO für Berufsbetreuer und Sachverständige in Kindschaftssachen(NZFam 2018, 865)

Gegen die Verwertung von Informationen aus der Gerichtsakte kann man sich nicht wehren:

Die Beteiligten sind im Verfahren nicht verpflichtet, an einer Begutachtung mitzuwirken; [Fn. 22: Vgl. Fahl NZFam 2015, 848 (849); Weber NZFam 2018, 510 (517).] sie können sich zwar der Verwertung der bereits in der Gerichtsakte befindlichen Daten durch den Gutachter nicht erwehren, können aber nicht zwangsweise zur Erhebung weiterer Daten durch den Sachverständigen
angehalten werden.

Weber aaO

Berichtigungsanspruch bei falschen Daten i.S. DSGVO?

Aktualisierung 16.01.2023: Unter Berücksichtigung dieser obigen Aspekte muss dann aber auch ein Datenberichtigungsanspruch gem. Art. 16 DSGVO anerkannt werden. Denn unrichtige Daten sind eben abzuändern oder ggf. gar zu löschen (Art. 17 DSGVO). Der Rechtfertigungsgrund wie oben dargestellt bezieht sich nur auf die Frage, ob Daten erhoben werden dürfen. Das heißt nicht, dass falsche Daten erhoben werden dürfen.

Nicht alle Daten dürfen erhoben werden

Natürlich heißt das nicht, dass der Gutachter dann nach belieben Fragen zu allen Themen stellen darf. Denn die Fragen sind durch den Beweisauftrag des Gerichtes vorgegeben, darüber hinausgehende Fragen und Unterlagen hat der Gutachter nicht zu erheben und zu verwerten, weil diese gegen die Pflicht zur Datenminimierung verstößt (Weber aaO).

EuGH und BAG und besondere Daten

Insoweit dürfte mit Spannung die Entscheidung des EuGH zu MDK Gutachten werden, die das Bundesarbeitsgericht nach Art. 267 AEUV vorgelegt hat. Denn die Interessenlage ist absolut vergleichbar zu familienpsychologischen Gutachten:

Die Anfrage des BAG nach Art. 267 AEUV

Die Anfrage des BAG lautet wie folgt:

I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht:

1. Ist Art. 9 Abs. 2 Buchstabe h DSGVO dahin auszulegen, dass es einem Medizinischen Dienst einer Krankenkasse untersagt ist, Gesundheitsdaten seines Arbeitnehmers, die Voraussetzung für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit dieses Arbeitnehmers sind, zu verarbeiten?

2. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. verneinen sollte mit der Folge, dass nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe h DSGVO eine Ausnahme von dem in Art. 9 Abs. 1 DSGVO bestimmten Verbot der Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Betracht käme: Sind in einem Fall wie hier über die in Art. 9 Abs. 3 DSGVO bestimmten Maßgaben hinaus weitere, gegebenenfalls welche Datenschutzvorgaben zu beachten?

3. Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage zu 1. verneinen sollte mit der Folge, dass nach Art. 9 Abs. 2 Buchstabe h DSGVO eine Ausnahme von dem in Art. 9 Abs. 1 DSGVO bestimmten Verbot der Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Betracht käme: Hängt in einem Fall wie hier die Zulässigkeit bzw. Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Gesundheitsdaten zudem davon ab, dass mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Voraussetzungen erfüllt ist?

(…)

Quelle BAG 8 AZR 253/20 (A)

Die schadensersatzrechtliche Komponente habe ich außen vorgelassen.

Darf ein Gutachter besondere Daten zu Ethnie, politischer Einstellung, Gesundheit usw. ohne eine Einwilligung erheben?

Kernfrage der Vorabentscheidungsanfrage des BAG an den EuGH

Praktische Relevant nach FamFG

Diese Frage hat bei z.B. folgenden Fragen eine praktische Relevanz:

  • Überprüfung des Haushalts und Einordnung, ob kindgerecht ist, durch Gutachter
  • Stellungnahmen zu politischen Meinungen (Querdenker, Reichsbürger, „Sektenmitglieder“, Glaube, Ideologie, Sexualverhalten ohne Bezug zum Kind (Promiskuität)
  • Projektive Tests, die die subjektive Einstellung des Gutachters und den Zeitgeist bei der Interpretation in den Vordergrund stellen
  • Lebensweisen (Hippie, Homeschooling oder Freilernen usw.)
  • Behinderungen der Eltern und Kinder

Manche dieser Fragen sind bereits aus der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen, weil sich keiner seine Familie aussuchen kann.

Andere Fragen wie die regelmäßige Beobachtung des Wohnumfelds sind durch das Gericht und nicht den Gutachter zu prüfen. Damit kann eine Kollission zu Art. 9 DSGVO vorliegen und das Prinzip der Datenminimierung verletzt sein.

Ich persönlich sehe daher auf Basis der Vorabentscheidungsanfrage, dem Aspekt der Datenminimierung und dem Aspekt des besonderen Schutzes besonderer Daten eine konkrete Begründungspflicht des Gutachters. Statt also konkret das Gutachten zu verhindern zu versuchen sollte man gegen diese einzelnen Punkte angehen, diese Fragestellungen untersagen lassen und eine Berichtigungspflicht des Gutachtens einfordern.

Ob und wie sich das nach der EuGH Entscheidung darstellen wird, bleibt abzuwarten.

Müssen Art. 6 DSGVO und zugleich Art. 9 DSGVO vorliegen?

Die rechtliche Fragestellung zu oben ist einfach, ob Art. 9 DSGVO alleine eine Datenverarbeitung zulässt oder ob dies nur zusammen mit Art. 9 DSGVO zulässig ist:

Es geht darum, ob bei der Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 2 kumulativ vorliegen müssen oder ob eine Verarbeitung alleine auf Art. 9 DSGVO gestützt werden kann.

Dr. Datenschutz hier

Hier geht es vorallem um den Art. 9 II f. DSGVO:

die Verarbeitung ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich,

Art. 9 DSGVO

Aber auch erforderlich beschränkt Daten auf das notwendige Mindestmaß (Datenminimierung), was der Beweisbeschluss vorgibt. Fragen nach dem konkreten Zeugungsakt, wie ich sie bisweilen in Gutachten erlebe, sind danach nie verwertbar, es wird nie darauf ankommen (selbst untergeschobene Kinder sind nun einmal als Rechtssubjekt vorhanden).

Muss der Gutachter über Datenerhebung informieren?

Grundsätzlich muss jeder, der Daten erhebt, über dies informieren, Art. 13, 14 DSGVO. Doch gilt dies auch für den familienpsychologischen Gutachter?

Weber kommentiert hierzu:

Der Sachverständige ist nach hier vertretener Ansicht nicht Verantwortlicher für die
Datenverarbeitung im Rahmen der Gutachtenerstellung. Zweck und Umfang der Datenverarbeitung werden weithin durch das Gericht im Rahmen eines Beweisbeschlusses vorgegeben; das Gericht leitet weiterhin die Tätigkeit des Sachverständigen und kann diesem Weisungen erteilen, § 30 I FamFG iVm § 404 a ZPO. Die Argumentation geteilter Verantwortung ist denkbar, was allerdings wiederum auch für eine Informationspflicht auch der Gerichte den betroffenen Personen gegenüber
streitet.

Weber aaO

Ich unterstütze diese Auffassung. Denn der Sachverständige soll die Kenntnisse, die das Gericht nicht hat, unterstützend zur Verfügung stellen. Gleichwohl, wird die richterliche Arbeit auf den Gutachter delegiert (unzulässig, vgl. OLG München, Familiensenate Augsburg 30 UF 232/15), kann sich etwas anderes ergeben. Denn dann überschreitet der Gutachter seine Befugnisse.

Darf der Gutachter Namen und Verhalten Dritter aufnehmen?

Folgt man dem OLG Düsseldorf (das das Problem nicht aus datenschutzrechtlicher Sicht löst, sondern aus dem Recht zur informationellen Selbstbestimmung), dann ja:

Auch die Benennung des Klarnamens der Kl. konnte nicht unterbleiben. Aus den zivilprozessualen Vorschriften ergibt sich kein generelles Gebot zur Anonymisierung in gerichtlichen Gutachten. Für den vorliegenden Fall ergibt sich nichts anderes. Davon ausgehend, dass die Bekl. zur Vorbereitung ihres Gutachtens gehalten war, das weitere Umfeld des Kindes miteinzubeziehen sowie i.R.d. Datenerhebung unterschiedliche Datenquellen zu nutzen („multimodales Vorgehen“), oblag es ihr, die gewonnenen Informationen und ihre Quelle im Gutachten offenzulegen (vgl. OLG Frankfurt/M. B. v. 28.11.2016 – 6 WF 200/16).
Dies war vorliegend geschehen. I.S.e. umfassenden Information des Gerichts mussten
Verklausulierungen unterbleiben. Es reichte nicht aus, die Kl. ohne Namensnennung z.B. als „aktuelle Lebenspartnerin“ des Kindesvaters zu beschreiben, denn das Gericht muss auf Grund der Angaben im Gutachten in der Lage sein, die zentralen Personen, zu denen auch die Kl. zählt, eindeutig zu identifizieren und dies in einer Weise, dass auch für die Zukunft keine Zweifel entstehen konnten und sich nicht die Notwendigkeit unnötiger Rückfragen ergibt.

OLG Düsseldorf 16 U 269/20

Darf der Verfahrensbeistand Daten erheben?

Eine weitere Frage, die ich gelesen habe, war die, ob Verfahrensbeistände Daten erheben dürfen. Um es kurz zu machen: Sie dürfen. Der Verfahrensbeistand nimmt die Interessen des Kindes wahr in der Gewährleistung des Art. 1 I GG. Damit liegt eine gesetzliche Handlungspflicht vor, so dass die Rechtfertigungsnorm des Art. 6 I 1 c DSGVO greift (vgl. Weber aaO).

die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;

Art. 6 I DSGVO

Update 26.02.2023: Dem folgt auch die Kommentierung in Kühling/Buchner:

Insoweit beziehen sich die genannten Bestimmungen auf Art. 8 Abs. 2 EMRK sowie auf Art. 7, Art. 8 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh. Vorschriften iSd Abs. 1 lit. c erlauben Eingriffe in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Datenschutz. Derartige Grundrechtsbeeinträchtigungen sind nur zulässig, soweit sie gesetzlich vorgesehen und „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“
sind, um anerkannte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzungen zu wahren. Die eingesetzten Mittel müssen zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das Erforderliche hinausgehen (→ Rn. 94). [Fn. 178: EuGH Urt. v. 9.11.2010 – C-92/09, C-93/09, DuD 2011, 137 (140) mwN – Schecke. ]

Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Auflage 2020, Rn. 89

Gola/Heckmann weisen zudem darauf hin, dass es eine gesonderte gesetzliche Pflicht geben muss, die Daten zu erheben:

Für lit. c ist eine Rechtspflicht kraft objektiven Rechts erforderlich; eine vertraglich begründete (Rechts-)Pflicht genügt nicht, wird aber im Rahmen der dann weiterhin denkbaren Interessenabwägung einzubeziehen sein.

Gola/Heckmann, Datenschutz-Grundverordnung – Bundesdatenschutzgesetz Auflage 2022

Das wiederum würde gegen eine Pflicht nach lit. c. sprechen (was aber auch für lit. e. gelten würde).

Insoweit wird der VB in der Regel auch nur Informationen des Kindes und des Naheumfeldes des Kindes, was dem Kind bekannt ist, erheben und weitergeben. Natürlich nicht umfasst wären hier Ermittlungen im Umfeld der Familie (Nachbarn anrufen usw.)

Andere Stimmen meinen, Art. 6 I 1 Lit. e DSGVO wäre einschlägig. Das scheitert m.E. daran, dass keine Übertragung staatlicher Aufgaben i.S. dieser Norm vorliegt:

“ Denn Abs. 1 lit. e verlangt nach einer im öffentlichen Interesse liegenden „Aufgabe“, die dem Verantwortlichen „übertragen wurde“. Dabei ist insbesondere an Aufgaben gedacht, die in den Mitgliedstaaten klassischerweise als Staatsaufgaben verstanden und administrativ ausgeführt werden.“

Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, Auflage 2020, Art. 6 Rn. 114

Diese anderen Stimmen verkennen zudem, dass selbst bei einem Widerspruch, der zudem unzulässig ist wenn  die Verarbeitung der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen dient, Art. 21 I DSGVO, und keine Löschung erfolgen muss, Art. 17 III DSGVO.

Anderslautende Aussagen sind schlicht falsch.

Für Anwälte wird zudem vertreten, dass Lit. f. anwendbar wäre, vgl. Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG. Das führt zwar auch zu einem Widerspruch nach Art. 21 DSGVO, der aber ebenso wie bei e. unzulässig ist aufgrund der Geltendmachung, Verteidigung von Rechtsansprüchen.

Habe ich einen Anspruch auf Aktenkopie aus der DSGVO

Zu diesem Thema hatte ich bereits Stellung genommen („Habe ich das Recht auf Akteneinsicht beim Jugendamt?„).

Deutschmann schreibt in Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche gemäß Art. 15 DS-GVO gegenüber Zivilgerichten in ZD 2021, 414 folgendes:

„Sowohl § 299 ZPO als auch § 13 FamFG differenzieren danach, wer die Einsicht in eine Akte begehrt: Prozess- bzw. Verfahrensbeteiligten steht nach § 299 Abs. 1 ZPO bzw. § 13 Abs. 1 FamFG in allgemeines Akteneinsichtsrecht zu. Dieses ist Ausdruck des verfassungsrechtlich vorbehaltlos [Fn. 3: Schulze-Fielitz, in: Dreier, 3. Aufl. 2018, Art. 103 Abs. 1 GG Rn. 83 mwN.] – wenn auch nicht schrankenlos – gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör [Fn. 4: BVerfGE 18, 399 (405); 63, 45 (60); Remmert, in: Maunz/Dürig, 93. EL Okt. 2020, Art. 103 GG Abs. 1 Rn. 87.], weshalb die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht zu Gunsten von Verfahrensbeteiligten nicht im Ermessen des Gerichts steht. [Fn. 5: Vgl. BVerfG NJW 1965, 1171 f.]“

Deutschmann aaO

Keine Einschränkung Akteneinsicht durch DSGVO

Und deutlicher:

Wie aus Erwägungsgrund 20 S. 1 Hs. 1 DS-GVO folgt, gilt die DS-GVO grundsätzlich auch für die Tätigkeiten der Gerichte und Justizbehörden. Zwar können Mitgliedstaaten Regelungen betreffend die Verarbeitungsvorgänge und Verarbeitungsverfahren bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Gerichte und andere Justizbehörden treffen (Erwägungsgrund 20 S. 1 Hs. 2 DS-GVO; vgl. hierzulande z.B. §§ 12 ff. EGGVG), doch bedeutet dies nicht, dass der nationale Gesetzgeber die Justiz per se vom Anwendungsbereich der DS-GVO ausnehmen könnte. Eine generelle Bereichsausnahme für die Datenverarbeitung in der Justiz folgt insbesondere nicht aus Art. 2 Abs. 2 lit. a DS-GVO.

Deutschmann aaO

Kostenfreie Kopie nach DSGVO der Gerichtsakte

Deutschmann

Das einzelgesetzliche Akteneinsichtsrecht wird durch die DSGVO also gestärkt, wobei beide Konstrukte nebeneinander gelten. Doch eine Besonderheit arbeitet Deutschmann hervor: Die Kostenfreiheit der Aktenkopie:

Eine Parallelisierung der datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüche mit den Bestimmungen der nationalen Prozessordnungen dahin, dass ein Betroffener, der den Auskunfts- und Kopieanspruch gegenüber dem Gericht geltend macht, analog zu den Vorschriften zur Akteneinsicht z.B. die Geschäftsstelle aufsuchen und für Kopien Gebühren entrichten muss, ist nicht angezeigt und wäre europarechtswidrig. Zwar kann der nationale Gesetzgeber auf Grund der Öffnungsklausel des Art.
23 Abs. 1 lit. f DS-GVO die Geltung der DS-GVO hinsichtlich der Betroffenenrechte (Art. 12 bis 23 und 5, 34 DS-GVO) beschränken, doch steht dies unter der Voraussetzung, dass dies eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und dem Schutz von Gerichtsverfahren darstellt.

Deutschmann aaO

Herausgabepflicht gerichtsinterner Unterlagen

Sein Fazit: Auch gerichtsinterne Unterlagen sind herauszugeben:

De lege lata sind auch gerichtsinterne Aufzeichnungen zu beauskunften, denn eine Einschränkung des Auskunfts- und Kopieanspruchs hat der deutsche Gesetzgeber in Bezug auf gerichtsinterne Dokumente nicht vorgesehen.

Deutschmann aaO

Dasselbe hat der BGH für Versicherungen bereits entschieden (s.o.)

Mit Ausnahme der Auffassung, dass auch Entwürfe von Entscheidungen herauszugeben sind, teile ich diese Auffassung. Entwürfe von Urteilen herauszugeben würde den Rechtsstaat erheblich einschränken.

19 Antworten auf „DSGVO und FamFG“

Ich hätte diesbezüglich eine Frage: Dürfen Behörden, egal welche, unbegrenzt Daten über eine natürliche Person erheben, weil sie es brauchen, um eine evtl Straftat zu eruieren? Gilt nach der DSGVO nicht die Datensparsamkeit? Gibt es im Strafrecht überhaupt eine Datensparsamkeit? Die Datenerhebung allgemein gehört zu Artikel 2 GG, richtig?

Mit Verlaub, das ist kompletter Bullshit! Man muss sich so langsam fragen, auf welcher Seite Herr Langhans hier eigentlich agiert!

Verfahrensbeistand erhebt Daten nach Art 6 lit e) – dagegen kann absolut jeder Widerspruch gem Art 21 DSGVO einlegen!

Ebenso kann jeder das Gutachten ZUVOR verweigern! Dann entfällt auch die rechtliche Grundlage einer Erhebung nach Art 6 lit c)

Nun, hättest Du meinen Artikel vollständig gelesen, hättest Du auch die Fundstellen wahrgenommen, die meine Auffassung belegen. Behaupten kann jeder alles, das ist in der Tat das Hauptproblem im Internet. Aber damit auch durchdringen ist ne andere Sache. Ich versuche hier Eltern vor falschen Entscheidungen zu bewahren. Fakt ist: Es gibt m.E. keine einzige wirklich wichtige Höchstrichterliche Entscheidung zur DSGVO im Zusammenhang mti dem Familienrecht. Komischerweise lese ich auch von Dir keine 🙂 Kann ja gern jeder sein geld in Mist ausgeben. ich versuche eher mit den vorhandenen Mitteln zu obsiegen.

Also statt einfach Deine Meinung als die Wahrheit verkaufen: Wie wäre es mit Literatur? Urteilen? Ich lass mich gerne überzeugen. Aber nicht einfach so.

Aha, wenn mir das Bundesjustizministerium, als auch das AG München als Rechtsgrundlage dee Datenerhebung den Art 6 lit e bestätigen, sind dies also „ausnahmslos falsche Aussagen“??
Ich lache mich kaputt, über derartige Unreflektiertheit.
Uraltliteratur aus 2018 zu zitieren, ist mehr als überholt. Das Recht hat sich 5 Jahre weiterentwickelt. Wachen sie auf!

Sie helfen hier exakt der Gegenseite (GWG etc) und man muss hier Vorteilsnahme unterstellen. Punkt

Thema liegt zusätzlich beim Verfassungsgericht. Die höchstrichterliche Rechtssprechung wird es bald geben.

Mir ist nicht bewusst , dass ich ihnen das du angeboten hätte.

wenn mir das Bundesjustizministerium, als auch das AG München als Rechtsgrundlage der Datenerhebung den Art 6 lit e bestätigen, sind dies also ausnahmslos „falsche Aussagen“?? Dr. Beyl am AG München wird das wohl nicht so gern hören.
Ich lache mich kaputt, über derartige Unreflektiertheit.
Uraltliteratur aus 2018 aus nur einer selektierenden Quelle zu zitieren, ist mehr als überholt und spricht zudem für ihre Faulheit. Das Recht hat sich 5 Jahre weiterentwickelt. Wachen sie auf!

Sie helfen hier exakt der Gegenseite (GWG etc) und man muss hier Vorteilsnahme unterstellen. Punkt

Thema liegt zusätzlich seit 2Monaten beim Verfassungsgericht, da ich mich immGegensatz zu Ihnen ausgührlich damit befasst habe. Die höchstrichterliche Rechtssprechung wird es also bald geben.

da die auslegung der dsgvo durch den eugh zu erfolgen hat ist das egal was das bverfg zu dem thema sagt. auf amtsgerichtliche entscheidungen kommt es insoweit auch nicht an. dass lit c und e betreffend des öffentlichen interesses ident sind, ist auch zb in kühling/ buchner kommentiert. zudem muss dieses öffentliche interesse aussehen wie folgt: „Dabei ist insbesondere an Aufgaben gedacht, die in den Mitgliedstaaten klassischerweise als Staatsaufgaben verstanden und administrativ ausgeführt werden.“
Der VB nimmt gerade KEINE staatsaufgaben wahr (in der theorie), sondern erfüllt das abwehrrecht des Art. 1 I GG mit leben.
zudem würde der theorie des e folgend kein löschungsanspruch i.s. art. 17 dsgvo bestehen. ob man damit also was gewinnt ist mehr als fraglich.
man kann ja jede meinung vertreten, muss aber auch andere zulassen und nicht beleidigen („vorteilsnahme“). aber das kennen wir von allen, die keine argumente haben.

Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die Persönlichkeitsrechte – hier das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung – der Kinder und Eltern bei der Tätigkeit des Verfahrensbeistandes einzuschränken. Dies wäre jedoch notwendig, um DSGVO Art 5 Abs.1 lit a und b zu befriedigen. Daher scheidet einer Erhebung von Daten bei (frei gewählten) Dritten generell aus, eine weitere Verarbeitung oder gar Weitergabe im Hinblick an die Anforderungen aus DSGVO Art. 5 Abs. 1 lit.d und Abs 2 ebenso.
Wie bei Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c entfaltet auch lit. e seine die Datenverarbeitung legitimierende Wirkung erst iVm einer Rechtsgrundlage im Unionsrecht oder im Recht
eine datenverarbeitungsbezogene Rechtsgrundlage – die Festlegung einer sachlichen Aufgabe oder eines sachlichen Aufgaben/Befugnis- Zusammenhanges reicht nach dem Normtext und auch aus teleologischen
Bezug zwischen Datenverarbeitung und den von lit. e tatbestandlich vorausgesetzten Aufgaben her, dies vor allem mittels der wegen des Grundsatzes der Zweckbindung notwendigen Festlegung der Zwecke, für die personenbezogene Daten verarbeitet und verwendet werden sollen. Der Zweck der Verarbeitung (iSv Art. 5 Abs. 1 lit. b) fällt keineswegs mit der (sachlichen) Aufgabe zusammen, die dem für die Verarbeitung Verantwortlichen übertragen wurde. Er liegt vielmehr gleichsam quer dazu und nimmt sie in Bezug. Mittels dieser grundlegenden Regelungsmechanismen wird die Datenverarbeitung mit den sachlichen Verwaltungskompetenzen
Die in einer Vorschrift des objektiven Rechts vorgesehene „rechtliche Verpflichtung“ muss sich dabei unmittelbar auf die Datenverarbeitung beziehen; allein der Umstand, dass ein Verantwortlicher, um irgendeine rechtliche Verpflichtung erfüllen zu können, auch personenbezogene Daten verarbeiten muss, reicht nicht aus (LSG Hessen BeckRS 2020, 1442 Rn. 13). Wegen des Abstraktions- und Typisierungsgrades von Gesetzen (s. auch noch →Rn. 50) kann das Regelungselement, dass eine Verarbeitung „zur Erfüllung“ der Verpflichtung „erforderlich“ ist, trotzdem ggf. noch limitierende Maßgaben setzen. BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit DS-GVO Art. 6 Rn. 48-50
der Mitgliedstaaten, vgl. Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1.
Gefordert ist
Gründen NICHT aus
. Datenverarbeitungsbezogene Rechtsgrundlagen stellen einen
verklammert.
BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit DS-GVO Art. 6 Rn. 53-62
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§ 158 FamFG berechtigt ausschließlich dazu, Gespräche mit Eltern zu führen, jedoch nicht explizit, Daten des jeweils anderen Elternteils bei diesen (Dritten) gegen deren Willen zu erheben und zu verarbeiten und damit deren allgemeines Persönlichkeitsrecht zu verletzen.

In jedem Fall hat der Betroffene bei einer auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e gestützten Verarbeitung der auf ihn verweisenden Daten ein Widerspruchsrecht, vgl. Art. 21 Abs. 1 S. 1.
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Wie bei Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c entfaltet auch lit. e seine die Datenverarbeitung legitimierende Wirkung erst iVm einer Rechtsgrundlage im Unionsrecht oder im Recht der Mitgliedstaaten, vgl. Art. 6 Abs. 3 UAbs. 1. Gefordert ist eine datenverarbeitungsbezogene Rechtsgrundlage; die Festlegung einer sachlichen Aufgabe oder eines sachlichen Aufgaben/Befugnis-Zusammenhanges reicht nach dem Normtext und auch aus teleologischen Gründen nicht aus. Datenverarbeitungsbezogene Rechtsgrundlagen stellen einen Bezug zwischen Datenverarbeitung und den von lit. e tatbestandlich vorausgesetzten Aufgaben her, dies vor allem mittels der wegen des Grundsatzes der Zweckbindung notwendigen Festlegung der Zwecke, für die personenbezogene Daten verarbeitet und verwendet werden sollen. Der Zweck der Verarbeitung (iSv Art. 5 Abs. 1 lit. b) fällt keineswegs mit der (sachlichen) Aufgabe zusammen, die dem für die Verarbeitung Verantwortlichen übertragen wurde. Er liegt vielmehr gleichsam quer dazu und nimmt sie in Bezug. BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit DS-GVO Art. 6 Rn. 53-62
Art. 23 Abs. (2) DSGVO Mindestinhalt beschränkender Gesetzgebungsmaßnahmen
Art. 23 statuiert in Abs. 2 konkrete inhaltliche Mindestanforderungen an beschränkende Rechtsvorschriften iSd Abs. 1 (Bertermann in Ehmann/Selmayr DS-GVO Art. 23 Rn. 5). Wenngleich sich dieser Befund der deutschen Übersetzung nicht eindeutig entnehmen lässt, sind die Anforderungen desAbs.2grds. kumulativ zu verstehen, soweit diese sich im betreffenden Fall als sinnvoll erweisen (Peuker in HK-DS-GVO Art. 23 Rn. 48; so auch Däubler in DWWS DS-GVO Art. 23 Rn. 27 f., auf die Fassungen in anderen Sprachen verweisend). Durch den Einschub „gegebenenfalls“ – für alle nachfolgenden Fallgruppen – sollen irrelevante Angaben im Hinblick auf die konkrete Regelungssituation ausgenommen werden (hierzu auch Petri DuD 2018, 347 (350)).

 §158 FamFG ist mithin keine datenverarbeitungsbezogene Rechtsgrundlage, sondern nur Festlegung einer sachlichen Aufgabe. Eine die Datenverarbeitung legitimierende Wirkung aus Art 6 lit c) bis lit f) i.V.m. §158 FamFG entfaltet sich NICHT.
 § 158 FamFG sieht nicht die nach Art 9 Abs. 2 lit g) und Art. 23 Abs. 2 DSGVO geforderten angemessenen und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vor.

Die DsGVo kann den §158 FamFg überlagern. Wenn der VB das Kind befragt (Datenerhebung) sind die Eltern nicht die dritten. Die Dritten sind in Familiensachen immer die weiten Beteiligten und/oder Außenstehende. Um das mal ganz einfach zu sagen: Jeder Gewerbetreibende (auch Anwälte) muss über Datenerhebung bei Dritten denjenigen informieren über den Daten erhoben werden. Da der VB vom Gericht bestellt ist, ist nur Art 9 DsGVo (sensible Daten, Sozialdaten, gerichtliche Aufgaben) relevant.
Die passenden Ausnahmen stehen in den Erwägungsgründen.
Kommentierung und Handlungsempfehlungen gibt es schon mindestens seit 2018.
Gerichtliche Entscheidung die Familiensachen betreffen, faktisch keine.

Wie werden den Kinder über die Schweigepflicht des VB aufgeklärt?
GAR NICHT

Wird Kindern mitgeteilt, dass sie schweigen dürfen? NEIN

DRITTE sind immer diejenigen über die zB das Kind erzählt und damit Daten mit Doppelbezug benutzt.

Sozialdaten entsprechen Daten der besonderen Kategorie:

Sozialdatum mit Doppelbezug:
Unter einem Sozialdatum mit Doppelbezug ist ein personenbezogenes Datum zu
verstehen, das sich auf zwei Personen bezieht, daher zwei datenschutzrechtlich betroffene Personen kennt. Dies ist insbes. der Fall, wenn eine Person Angaben (auch) über eine andere Person macht, bspw. dann, wenn ein Nachbar ihn ängstigende Verhaltensweisen einer Mutter gegenüber ihrem Kind an das JA meldet. Betroffene Person im Sinne des Sozialdatenschutzes ist dann sowohl derjenige, der etwas über die andere Person mitgeteilt hat, denn bereits die Tatsache der Mitteilung an sich ist ein Sozialdatum, als auch derjenige, über den etwas mitgeteilt wurde, denn auch zu seiner Person sind jetzt Einzelangaben im JA vorhanden.
35Informationen, die sich auf die „betroffene Person“ beziehen, können etwa sein: Name, Geschlecht, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Alter, Ausweis- und Sozialversicherungsnummer, Staatsangehörigkeit, die beruflichen, wirtschaftlichen, familiären, gesundheitlichen Verhältnisse, rassische oder politische Zugehörigkeiten, Konfession, äußeres Erscheinungsbild, Charaktereigenschaften, persönliche Überzeugungen, die Tatsache des Kontakts zu einem Sozialleistungsträger, der Aufenthalt bei einem Sozialleistungsträger, Beurteilungen46 und Vermutungen von Fachkräften, Einkommen, Vermögen, vertragliche oder sonstige Beziehungen zu Dritten etc. 36Oder in anderen Worten: Jegliche Information, die einem Sozialleistungsträger über eine natürliche Person im Kontext des Wahrnehmens von Aufgaben nach einem der Bücher des SGB bekannt wird, von diesem erhoben wird oder von ihm aggregiert wird, ist ein als personenbezogenes Datum zu schützendes Sozialdatum. Unerheblich ist, ob das Datum verschriftlicht, elektronisch gespeichert, in Form eines Films oder Fotos etc oder allein im Kopf einer Fachkraft vorhanden ist. Auch die Sozialdaten bereits Verstorbener unterliegen nach § 35 Abs. 5, Abs. 2 Satz 2 SGB I dem sozialdatenschutz. Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII 9. Auflage 2022 Rn 34-37

Einwilligung und Verarbeitung sensitiver Daten
84Das Verarbeiten „besonderer Kategorien personenbezogener Daten“,
sogenannter sensitiver Daten, wie etwa die ethnische Herkunft, genetische oder biometrische Daten oder Gesundheitsdaten (vgl. die Legaldefinition
in Art. 9 Abs. 1 DS-GVO und die Begriffsdefinitionen in Art. 4 Nr. 13–15 DS-GVO), setzt nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DS-GVO grundsätzlich eine ausdrückliche Einwilligung voraus. Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII 9. Auflage 2022 Rn.84

Verwertungsverbot
243Aus § 78 Abs. 1 S. 1 SGB X folgt (arg. e contrario), dass bei unbefugter Übermittlung der Sozialdaten an einen Empfänger dieser sie nicht verwenden darf.306 Ist Empfänger unzulässig übermittelter Daten (zB vom JA im Rahmen des § 50 unter Verletzung des § 65) das FamG, entscheidet es (nicht das VG) über das Verwertungsverbot;307 zu Rechtsbehelfen im Verwaltungsverfahren → Rn. 272. § 78 SGB X formuliert lediglich einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch in § 65 Abs. 1 S. 2 seinen Ausdruck findet,
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wonach alle weiteren 16 Datenverwendungen rechtswidrig sind, wenn eine vorausgehende rechtswidrig war. Diese „Domino-Theorie“ (→ Rn. 264) gilt auch schon für die Unzulässigkeit der Datenspeicherung bei unzulässiger Datenerhebung (→ Rn. 87).308 Wird das Sozialgeheimnis dadurch verletzt, dass mehr Daten als erforderlich übermittelt werden („überschießendes Übermitteln“), besteht
das Verwertungsverbot nur bezüglich der nicht erforderlichen Daten.309 Aus dem Verwertungsverbot folgt, dass unzulässig übermittelte Daten nicht – auch nicht im Kopf (→ Rn. 60) – gespeichert werden dürfen (§ 67c SGB X); dennoch gespeicherte Daten sind zu löschen (Art. 17 DS-GVO iVm § 84 Abs. 1 SGB X). LPK-SGB VIII/Peter-Christian Kunkel, 8. Aufl. 2022, SGB VIII § 61 Rn. 243

Staatsministerium der Justiz- Widerspruchsrecht der Betroffenen gem. Art.21 DSGVO dem Verfahrensbeistand die Datenverarbeitung zu untersagen:

Zur Wahrung der Interessen und des Wohls des Kindes ist der Verfahrensbeistand zur Verschwiegenheit gegenüber Außenstehenden verpflichtet; eine Weitergabe von personenbezogen Informationen, welche er im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung erlangt hat, würde das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Kindes auf informellen Selbstbestimmung verletzten. Die Pflicht zur Verschwiegenheit gilt jedoch nicht im gerichtlichen Verfahren in dem es zu den Aufgaben eines Verfahrensbeistandes gehört seine oder ihre Informationen im Rahmen der Darlegung und Vertretung der Kindesinteressen mitzuteilen.

Ein Verfahrensbeistand kann grundsätzlich im Rahmen seiner eigenverantwortlichen und nicht der gerichtlichen Weisung unterworfenen Wahrnehmung seiner oder ihrer Aufgaben selbst entscheiden, mit welchen Personen er neben dem Kind Gespräche führt. Dies gilt auch für Gespräche in einem Kindergarten. Gespräche des Verfahrensbeistandes mit dritten Personen dienen insbesondere dazu, den Sachverhalt zu erschließen und sich ein umfängliches und verlässliches Bild der kindlichen Interessen und Wünsche zu verschaffen um diese vor Gericht hinreichend vertreten zu können. Sofern das Gericht gemäß § 158b Absatz 2 Satz 1 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen hat, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen, besteht eine Obliegenheit des Verfahrensbeistands, mit diesen weiteren Personen Gespräche zu führen. Als weitere Bezugspersonen kommen dabei u.a. Geschwister, Großeltern, Pflegepersonen, Kindergärtnerinnen oder Lehrer in Betracht. Es gibt jedoch keine rechtliche Pflicht mit einem Verfahrensbeistand zu reden. Teilweise unterliegen die Personen – wie etwa eine behandelnde Kinderärztin – ihrerseits einer Schweigepflicht oder sind gehalten eigene Datenschutzverpflichtungen einzuhalten, wobei auch in diesen Fällen eine Weitergabe von Informationen zur Abwendung von Kindeswohlgefährdungen gerechtfertigt sein kann. Kann der Verfahrensbeistand notwendige Informationen nicht erlangen oder entgegen seines erweiterten Aufgabenkreises Gespräche mit bestimmten Bezugspersonen nicht führen, kann er oder sie beim Familiengericht eine Zeugenvernehmung anregen. Das Familiengericht ist gemäß § 26 FamFG verpflichtet die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und hierfür erforderliche Beweise in geeigneter Form zu erheben (§ 29 Absatz 1 FamFG). Bei einer Zeugenvernehmung sind hierbei auch die Vorschriften zur Zeugnisverweigerung zu beachten, § 30 FamFG in Verbindung mit §§ 383 ff. der Zivilprozessordnung.

Im Übrigen unterliegen Verfahrensbeistände in Hinblick auf die Erhebung, Verwahrung, Verwertung und Weitergabe der aus den Gesprächen gewonnen Informationen den Datenschutzbestimmungen der Datenschutzgrundverordnung(DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).
Das Datenschutzrecht ist Ausdruck des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Daraus leitet sich der Grundsatz ab, dass personenbezogene Daten nur verarbeitet (also z.B. erhoben, gespeichert oder übermittelt) werden dürfen, wenn entweder eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt oder eine der übrigen Rechtsgrundlagen im Sinne von Art. 6 Absatz 1 DSGVO einschlägig ist.
Grundsätzlich ist der Verfahrensbeistand vor diesem Hintergrund befugt, im Rahmen seiner Tätigkeit zur Feststellung des Interesses des Kindes personenbezogene Daten zu verarbeiten, da er eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt bzw. diese im öffentlichen Interesse liegt (Art. 6 Absatz 1 lit. e) DSGVO iVm § 158b Absatz 1 FamFG). Jedenfalls wenn der Verfahrensbeistand ergänzend nach § 158b Absatz 2 FamFG durch das Gericht beauftragt wird, ist er oder sie auch berechtigt, Auskünfte bei den benannten Personen und Stellen einzuholen und an das Familiengericht und ggf. andere Personen und Stellen weiterzugeben, wenn dies für die Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist und dies für die Zwecke des familiengerichtlichen Verfahrens geschieht.
Bei Datenschutzverstößen durch den Verfahrensbeistand kann sich der Betroffene an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden; diese hat die Möglichkeit ggf. Bußgelder zu verhängen (Art. 77 Absatz 1 und 83 DSGVO).

Nein, so nicht ganz richtig. Die Erhebung und Verarbeitung der Daten geschieht gem. Artikel 6. Der Verfahrensbeistand unterliegt aber auch Art. 9 lit. f)
„… die Verarbeitung ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich, …“
Erwägungsgrund 46
Erwägungsgrund 51 Satz 1 und 6.

Wie immer eine nicht abschließende Aufzählung der anwendbaren Fälle.

Das gilt aber auch für Ergänzungspflegschaft, Sachverständige usw.
Problem ist aber die Einwilligung, bei Kindern unter 13 dürfte sie konkludent sein. Aber Sorgerechtsinhaber müssen der Verarbeitung zustimmen. Und diese sollte schriftlich sein.
Kann ein Verarbeiter die konkludente oder schriftliche Einwilligung, aber auch Nichteinwilligung nicht nachweisen; ist Schadensersatzanspruch gegeben.

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