Letztens hatten wir uns damit auseinandergesetzt, wie man mit Entfremdung umgeht und welche Zeichen man erkennen sollte, um Entfremdung zu vermeiden. Doch für die Argumentation bei Gericht ist es vorallem sehr wichtig, die negativen Folgen bei Entfremdung für das Kind zu kennen, um das Gericht von Maßnahmen bis hin zu §1666 BGB zu überzeugen.
Was ist eine Eltern-Kind-Entfremdung?
Eine Eltern-Kind-Entfremdung entsteht auf Grundlage eines Konfliktes zwischen den Eltern. Irgendwann kommt ein Elternteil auf die Idee, den anderen vom Leben des Kindes auszuschließen, obwohl es gerade keinen Grund gibt. Anders als in Fällen des Desinteresses von Elternteilen am Kind sind in solchen Fällen der Eltern-Kind-Entfremdung engagierte Eltern mit einer guten Bindung vorhanden, es gab meist keine Gewalt, ein gutes Miteinander. Echte Eltern-Kind-Entfremdung erfolgt also ohne objektiven Grund. Nur die Vorurteile des anderen Elternteiles sind Grund.
Negative Folgen der Eltern-Kind-Entfremdung für das Kind
Sie kann sich zu einer relevanten Störung entwickeln, wenn der elterliche Einfluss dazu führt, dass das Kind später aktiv den Kontakt ablehnt. Dadurch wird die Identitätsentwicklung beeinträchtigt. Denn Identität und Selbstkonzept entstehen im Zusammenspiel der Elternteile, die jeder einzelne Facetten abbildet und formt. Das Kind identifiziert sich normalerweise mit beiden Elternteilen.
Kinder, die an Entfremdung leiden, verlernen sich und ihrer Wahrnehmung zu misstrauen (was direkte Folge der Manipulation ist). Positive Gefühle zum Elternteil sind verboten. Nicht mehr eigene Erfahrungen sind für das Kind relevant, sondern vorgefertigtes Erleben des entfremdenden Elternteils.
Schlafstörung, Trennungs- und Bindungsängste können entstehen, sozialer Rückzug, fehlendes Vertrauen, Freudlosigkeit, Antriebsschwäche, Leistungsstörungen. Nicht selten kommt es zu Schullaufbahnabbrüchen, was zu mehr Selbstzweifeln führt. Depressionen entwickeln sich, aber manchmal auch Alkoholsyndrome. Das, was dem Kind durch den anderen Elternteil fehlt, wird oft kompensiert, sei es durch Drogen, Suche nach Liebe und Beziehung in destruktiver Weise und mehr.
Letztlich kann hier das Kind nicht anders als sich teilweise zu verleugnen. Das Selbstwertgefühl, das für ein freies Erwachsenenleben wichtig ist, wird beeinträchtig.
Negative Folgen der Entfremdung sind Kindeswohlgefährdung
Es ist daher einfach nachvollziehbar, dass die negativen Folgen der Entfremdung eine Kindeswohlgefährdung darstellen. Dabei sind die Kriterien konkret und erheblich unstreitig gegeben. Nur die Frage der Gegenwärtigkeit dürfte rechtlich ein Problem darstellen. Eine Gefahr ist dann Gegenwärtig, wenn der negative Eintritt von Folgen unmittelbar bevorsteht. Es muss also nicht bereits ein Schaden entstanden sein, er darf aber nicht nur fern möglich sein. Der Rechtsstreit dürfte sich daher um diesen Punkt drehen.
5 Antworten auf „Negative Folgen der Entfremdung für das Kind“
Gibt es Entscheidungen dazu, dass Kindesentfremdung Maßnahmen nach 1666 BGB gebieten? Hat es schon einmal Ermittlungsverfahren der StA wegen Kindesmisshandlung durch psychische Gewalt wegen Kindesentfremdung gegeben? Viele Grüße
Eine konkrete Entscheidung müsste ich auch googlen. Die frage ist aber vielmehr welche Auswirkungen die Entfremdung hatte. Denn, wie geschrieben, gehts ja vorallem darum Entfremdung zu vermeiden. wenn das Kind kaputt ist brauch ich keinen 1666 BGB mehr.
Strafrecht wird immer die Frage der Beweisbarkeit und der Vorhersehbarkeit sein, was folgen angeht. Da halte ich im Familiengerichtsverfahren wenig von.
zB OLG Frankfurt 6 UF 233/20, allerdings dort nach 1671, der auch milderes Mittel ist. Du musst also eher nach 1671 und Bindungsintoleranz und Loyalitätskonflikt oder Entfremdung suchen als nach §1666 BGB
[…] (bzw. das für den Ausgangsbeschluss zuständige AG Darmstadt ) und es nicht erst auf negative Entfremdungsfolgen ankommen lassen. Das halte ich für richtig, weil diese Folgen zu schwerwiegend sind, und das […]
[…] Bindungsintoleranz kann zu Entfremdung führen. Diese hat zumeist erhebliche negative Folgen. Sie schränkt daher die Erziehungsfähigkeit ein. […]